Glosse zum Buch des früheren Top-Manager Thomas Middelhoff will den Strafvollzug managen

Meinung · Fünf Monate Untersuchungshaft haben beim früheren Top-Manager Thomas Middelhoff eine erstaunliche Erkenntnis reifen lassen: Im Gefängnis ist es nicht schön.

Im Gefängnis ist es nicht schön. Die Heizung streikt, die Toiletten stinken und die Mitbewohner können richtig unangenehm werden. Auch die medizinische Versorgung lässt zu wünschen übrig. So weit die Bestandsaufnahme eines Mannes, den es aus seiner Villa in Saint Tropez in Zelle A115 der Justizvollzugsanstalt Essen verschlagen hat.

In seinem fast 300 Seiten starken Buch "A115 - Der Sturz" zieht der frühere Top-Manager Thomas Middelhoff Bilanz nach fünf Monaten Untersuchungshaft. Im November 2014 war der frühere Chef des damaligen Karstadt-Mutterkonzerns Arcandor wegen Untreue zulasten des Unternehmens zu drei Jahren Haft verurteilt worden.

Noch im Gerichtssaal wurde Middelhoff wegen Fluchtgefahr verhaftet - unerklärlich für den Finanzjongleur, denn: "Wohin sollte eine Person mit einem dermaßen hohen Bekanntheitsgrad fliehen?" Den Rest seiner Strafe verbüßt Middelhoff derzeit im offenen Vollzug, was die Lebensqualität in der Regel deutlich hebt.

Nachdem er sich in der Justizvollzugsanstalt Essen "unwillkürlich an Guantánamo erinnert" fühlte, kehrte nach dem Wechsel zum Freigang offenbar wieder Führungskraft-Routine ein: Was nicht passt, muss der Manager passend managen. Also: "Die Reform des deutschen Justizvollzugs ist erkennbar überfällig", lautet die Bestandsanalyse des früheren Konzernlenkers.

Er kritisiert jahrelange Sparmaßnahmen, fatale Investitionsstaus und verfehlte Personalpolitik. Nein, nicht bei Karstadt - im deutschen Strafvollzug! Schade, dass nicht irgendein Vorstandsvorsitzender da mal ein Machtwort sprechen kann. In den deutschen Gefängnissen wird es wohl vorerst ungemütlich bleiben.

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