Auflösung des Mietvertrages Poker um die Abfindung beim Wohnungswechsel

Berlin · Eine Entschädigung für die vorzeitige Auflösung eines Mietvertrages zu zahlen, kann für Vermieter lukrativ sein. Dabei gibt es meist zwei typische Konstellationen.

 Wenn Wohnungen modernisiert werden, möchten Eigentümer sie häufig gerne zu vermieten, um höhere Mieten zu erzielen.

Wenn Wohnungen modernisiert werden, möchten Eigentümer sie häufig gerne zu vermieten, um höhere Mieten zu erzielen.

Foto: dpa

Mitunter erleben Mieter merkwürdige Dinge. Da bietet der Vermieter ein Geschenk von 10 000 Euro in bar an. Diese Offerte jedoch hat ihren Preis. Denn der Immobilieneigentümer stellt eine Abfindung in Aussicht, um den laufenden Mietvertrag vorzeitig aufzulösen. Die Mieter erhalten dann eine hübsche Summe, müssen sich aber nach einer neuen Wohnung auf dem zunehmend engen Markt umsehen. Eine Abfindung ist ein Geschäft, dessen Vor- und Nachteile von der unterschiedlichen Perspektive abhängen.

Abfindungen zur Beendigung eines Mietverhältnisses kommen oft in zwei typischen Konstellationen vor. Erste Variante: Ein Immobilieninvestor erwirbt mehrere hundert Wohnungen. Er will sie modernisieren, um höhere Mieten zu erzielen. Oder er plant, die Wohnungen in Eigentum umzuwandeln und dann zu verkaufen. In beiden Fällen können sich die Mieter wehren und die Sache hinauszögern. „Die gesetzliche Frist für die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen beträgt beispielsweise drei, in manchen Bundesländern und Kommunen bis zu acht Jahre“, sagt Erik Uwe Amaya, Verbandsdirektor von Haus & Grund Rheinland, dem Verband der Immobilienbesitzer.

Die zweite Variante: Der Hausbesitzer kündigt den MieterInnen mit der Begründung eines Eigenbedarfs. Künftig wolle der Eigentümer die Wohnung selbst bewohnen, oder die erwachsene Tochter solle einziehen, lauten gängige Argumente. Die Mieter bezweifeln diese Begründung, der Hausbesitzer klagt, die Sache geht zu Gericht.

In solchen Fällen besteht die Funktion einer Abfindung darin, „das Mietverhältnis in beiderseitigem Einvernehmen früher aufzulösen, als es rechtlich möglich wäre“, sagt Amaya. Auch werden „Abfindungen häufig angeboten und gezahlt, wenn die Wirksamkeit der Kündigung wegen Eigenbedarfs in Frage steht“, erklärt Anwalt Carsten Brückner, Vorsitzender von Haus & Grund Berlin.

Mietern wird zur Vorsicht geraten

Ulrich Ropertz, Geschäftsführer des Deutschen Mieterbundes, formuliert es dagegen etwas anders: „Immobilieneigentümer versuchen mitunter, die Mieter aus gültigen Mietverträgen herauszukaufen, um ihr Kapital besser zu verwerten. Denn das bloße Motiv der Gewinnsteigerung ist juristisch kein ausreichender Kündigungsgrund.“

Beide Seiten müssen dabei wissen, dass eine spezielle Rechtsgrundlage für die Ausgestaltung von Abfindungen nicht existiert. Die Folge: „Es ist ein Kuhhandel – oder auch eine Pokerpartie“, so Ropertz. Ebensowenig findet man Richtlinien über die angemessene Höhe von Abfindungen.

Die Mieter sind nicht verpflichtet, auf das Abfindungsangebot anzugehen. Ropertz warnt: „Der Mieter verhandelt über eine Abfindung vielleicht einmal im Leben.“ Dagegen hätten die Vermieter oft mehr Erfahrung mit solchen Geschäften. „Aus Sicht der Mieter raten wir deshalb zur Vorsicht.“. Tatsächlich sind die gezahlten Entschädigungen meistens nicht exorbitant. „3 000 bis 15 000 Euro sind normal“, sagt der Berliner Mieter-Anwalt Hans-Christoph Friedmann. Vermieter-Anwalt Brückner nennt nur 4 000 bis 6 000 Euro. In den differierenden Angaben dürfte sich das unterschiedliche Interesse die jeweiligen Kundengruppe spiegeln. Gut für die Mieter allerdings: „Sie müssen die Abfindung nicht versteuern“, sagt Haus & Grund-Direktor Amaya.

Abfindungen erhöhen nicht den Lebensstandard

Wirklich erhebliche Summen, die einen Unterschied im Lebensstandard ausmachen, erhalten zur Räumung ihrer Wohnung bereite Bewohner fast nie. Immer mal wieder hört man zwar, ein Bekannter habe 40 000 oder 70 000 Euro für seinen Auszug erzielt. Tatsächlich kommt so etwas selten vor.

Das bedeutet: Aus Sicht der Mieter sind Abfindungen in der Regel kein Geschäftsmodell. „Ökonomisch oft nicht sinnvoll“, urteilt Anwalt Friedmann. Wer für eine neue Wohnung zum Beispiel 500 Euro monatlich mehr hinlegen muss, zehrt eine Abfindung von 6 000 Euro innerhalb eines Jahres auf. Die Perspektive der Vermieter mag freilich anders aussehen.

Sie können selbst eine Abfindung von 50 000 Euro leicht refinanzieren, wenn sie die leere, modernisierte Wohnung später für eine halbe Million verkaufen.

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