BGH verhandelt Bausparverträge Die Stunde der Wahrheit für viele Bausparer

Berlin · Der Bundesgerichtshof verhandelt über umstrittene Kündigungen lukrativer Bausparverträge. Eine Niederlage würde die Branche hart treffen. Wir haben die wichtigsten Fragen und Antworten.

 Hausbauer nutzen gern einen Bausparvertrag, weil er günstige Darlehenszinsen mit sich bringt.

Hausbauer nutzen gern einen Bausparvertrag, weil er günstige Darlehenszinsen mit sich bringt.

Foto: picture alliance / dpa

Der Bundesgerichtshof verhandelt an diesem Dienstag die strittigen Kündigungen lukrativer Bausparverträge durch die Bausparkassen. Eine Niederlage würde die Branche hart treffen. Ob das Urteil noch an diesem Dienstag ergeht, ist offen.

Worüber urteilt der Bundesgerichtshof (BGH)?

Einige Bausparkassen kündigen ihren Kunden Verträge, die eine vergleichsweise hohe Verzinsung vorsehen. Denn es gelingt den Instituten nicht mehr, diese Zusagen auch selbst durch die Vergabe von Darlehen oder Anlagen auf den Kapitalmärkten zu erwirtschaften. Umgekehrt lohnt es sich für Bausparer, die Verträge weiter laufen zu lassen, ohne das Baudarlehen auch tatsächlich noch in Anspruch zu nehmen. Denn sie sind gut verzinst. Vor Gericht fechten nun von einer Kündigung betroffene Kunden die Rechtmäßigkeit der Vertragsauflösung an. Die bisherigen Urteile fielen eher zugunsten der Bausparkassen aus.

Wie viele Bausparer sind von Kündigungen betroffen?

Die Zahl der Kündigungen wird auf rund 200.000 geschätzt. Das ist angesichts von mehr als 29 Millionen Bausparverträgen nur eine Minderheit. Etwa tausend Kunden sind gegen das Vorgehen ihre Bausparkasse vor Gericht gezogen.

Wie funktionieren Bausparverträge?

Bausparen ist ein Instrument für eine preisgünstige Finanzierung eines Hauses oder einer Wohnung. Die Kunden schließen einen Vertrag über eine Bausparsumme ihrer Wahl ab, zum Beispiel 40.000 Euro. Danach sparen sie einen Teil dieser Summe an. Hat der Sparer 40 Prozent aufgebracht, wird das Darlehen zuteilungsreif.

Sind alle Kündigungen umstritten?

Es gibt zwei Musterfälle. Im ersten Modell sind die Kündigungen wirksam. Hier hat der Kunde so viel selbst eingezahlt, dass die volle Bausparsumme bereits erreicht wurde. Da der gesamte Betrag ausgeschöpft ist, kann er auch kein Darlehen mehr erhalten. In diesem Fall belässt er sein Vermögen also nur deshalb bei seinem Institut, weil es dort mehr Zinsen bringt als anderswo. „Die Bausparkasse darf übersparte Verträge durch Kündigung beenden“, sagt Britta Beate Schön von Finanztip.de.

Wann haben die Verbraucher Aussicht auf eine erfolgreiche Abwehr der Kündigung?

Es gibt eine zweite Fallkonstellation: Kundin Meier hat von ihrer Bausparsumme über 40.000 Euro bereits 25.000 Euro angespart. Sie könnte nun ein Darlehen über 15 000 Euro erhalten. Nun zahlt Frau Meier jahrelang weder weiter etwas ein, noch ruft sie den Kredit ab. Ihre Bausparkasse will sie nun loswerden. Die Institute berufen sich auf ein gesetzliches Kündigungsrecht, das Darlehensnehmern zehn Jahre nach dem Empfang der Leistung eine Vertragsauslösung erlaubt. Sie sehen sich dabei selbst als Darlehensnehmer, weil sie für die Kundeneinlage ja Zinsen bezahlen.

Was sagen Verbraucherschützer?

Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg widerspricht den Argumenten der Institute. So hätten die Bausparkassen lange damit geworben, dass die Guthaben bei ihnen eine gute Geldanlage darstellen. Von einer Zweckentfremdung könne nicht gesprochen werden, wenn ein Kunde diese Verträge nur zu Geldanlage nutzen will.

Worum ging es im Stuttgarter Fall, der nun vom BGH entschieden wird?

Die Bausparkasse Wüstenrot hatte einer Kundin den Vertrag gekündigt, nachdem sie ihr angespartes Geld 22 Jahre lang auf dem Konto ließ und dafür jährlich drei Prozent Zinsen gutgeschrieben bekam. Der zuständige Richter am Oberlandesgericht stellte vor einem Jahr fest, dass die Kündigung unrechtmäßig war, weil die Kundin die Möglichkeit haben muss, ihr Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen. Wüstenrot zog daraufhin vor den BGH.

Wie sollten sich Kunden verhalten, wenn sie im Briefkasten eine Kündigung finden?

Finanzexpertin Schön rät zu einem Widerspruch gegen eine Vertragsauflösung. Ein Verfahren wird in der Regel vor einem Landgericht geführt.

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