Elektrotechnikkonzern ABB in Bad Honnef "Kammer des Schreckens": riesige Transformatoren müssen Blitzeinschläge verkraften

BAD HONNEF · Wie ein gigantischer viereckiger Adventskranz steht der Transformator in der Werkshalle des Elektrotechnikkonzerns ABB in Bad Honnef. Kerzen gleich reckt er seine gewaltigen Isolatoren bis dicht unter das Dach. Der Monteur wirkt da kaum größer als die Spitze eines Streichholzes.

Hier, in dieser riesigen Halle, sprühen schon mal die Funken. Denn in der "Kammer des Schreckens" wird jeder Transformator auf Herz und Nieren getestet, bevor er das Werk verlässt. "Wir simulieren Blitzeinschläge, starke Schwankungen der Stromspannung und anderen Stress für die Geräte", erläutert Werksleiter Matthias Reinhold.

Und dann stellt sich heraus, ob die gewaltigen Apparate, fast immer als individuelle Einzelstücke von den Beschäftigten zuvor in monatelanger Handarbeit zusammengebaut, auch wirklich alle vorgegebenen Anforderungen in der Praxis erfüllen.

"Bei der Abnahmeprüfung sind die Auftraggeber dabei oder schicken Sachverständige", berichtet Reinhold. Gestestet wird nicht nur, ob das elektrische System kritischen Situationen standhält, sondern zum Beispiel auch, ob die Trafos nicht lauter sind als vorgegeben. "Das wäre ein Rückgabegrund", sagt Reinhold.

"Prüffeld" heißt diese letzte Station vor der Auslieferung offiziell, und seit genau 40 Jahren durchlaufen jährlich 50 bis 70 Trafos die Halle. Für die Hochspannungstests betreibt ABB eigene Generatoren, die den Strom in die Halle liefern. Zwei Tage bis vier Wochen dauern die Tests jeweils. Dabei nehmen die Ingenieure und Techniker auch immer wieder Ölproben aus dem Gerät.

"Das Öl im Trafo ist wie das Blut beim Menschen", sagt Reinhold, "es gibt Aufschluss darüber, ob das Gerät in Ordnung ist." Die tonnenschweren und oft mehrere Millionen Euro teuren Trafos müssen schließlich, je nach Einsatzort, zehn bis 50 Jahre halten. Reinhold: "Ölproben geben Aufschluss über den Alterungsprozess."

Läuft das Prüfprogramm, stehen die Trafos rund um die Uhr unter Beobachtung von bis zu acht Elektrotechnikern und Ingenieuren. Waren die Tests erfolgreich, werden die Geräte für den Transport wieder auseinandergenommen und meist auch das Öl - bis zu 120 Tonnen fasst ein Trafo - wieder abgelassen. Dann geht der Trafo auf die Reise, in der Regel direkt auf einem Rheinschiff.

ABB in Bad Honnef
In der im Jahr 1906 als August Lepper Elektromaschinen gegründeten Fabrik werden seit den 1930er Jahren Transformatoren gebaut. 1965 wurde das Werk in die schwedische Asea integriert. Seit dem Zusammenschluss von Asea und BBC im Jahr 1988 gehört Bad Honnef zum ABB-Konzern.

In der Fabrik sind rund 350 Frauen und Männer beschäftigt. Bad Honnef ist einer von 55 Standorten weltweit, an denen ABB Trafos baut. Insgesamt arbeiten 16 500 Beschäftigte in der Trafosparte von ABB, die für fünf Milliarden Dollar Jahresumsatz steht.

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