Schuldenberg erdrückt Bonner IVG Gläubiger finden keine fristgerechte Einigung

BONN · Der milliardenhoch verschuldete Bonner Immobilienkonzern IVG steht am Abgrund. Weil die drei Gläubigergruppen sich bis Ende Juli nicht auf ein Sanierungskonzept einigen konnten, droht jetzt der Gang zum Bonner Insolvenzgericht.

Der Vorstand prüfe angesichts der fehlenden Einigung der Gläubiger, "ob die positive Fortbestehensprognose für die IVG Immobilien AG aufrechterhalten werden kann", hieß es gestern in einer Mitteilung des Unternehmens. Falls dies negativ entschieden werde, gehe der Vorstand davon aus, dass nur die Muttergesellschaft hiervon betroffen wäre.

Im Klartext: Wenn nicht noch ein Wunder geschieht, wird IVG schon in den nächsten Tagen wohl ein sogenanntes Schutzschirmverfahren beantragen. Genehmigt der Richter ein solches, hätte die Gesellschaft dann in Eigenverwaltung maximal drei Monate Zeit für eine finanzielle Sanierung. Betroffen wäre vor allem der Standort Bonn, wo die Zentrale ihren Sitz hat.

An der Börse wird bereits seit Längerem mit einer Pleite des Bonner Traditionsunternehmens gerechnet. Die ohnehin nur noch als sogenannte Pennystocks notierenden IVG-Aktien stürzten gestern nochmals um ein Drittel auf 17 Cent ab. In guten Zeiten hatte die Aktie im MDax notiert und rund 35 Euro gekostet.

Ohne die Einigung der Gläubiger - in den drei Gruppen sind etwa 250 einzelne Gläubiger vertreten - wird wohl auch die für 12. September anberaumte IVG- Hauptversammlung Makulatur. Wegen einzuhaltender Fristen kann zu dem Termin jedenfalls nicht mehr über ein Sanierungskonzept abgestimmt werden.

IVG hatte in den vergangenen Wochen mehrfach versucht, durch Druck die Gläubiger zu einer Einigung zu bringen und vor Milliardenausfällen bei einer Pleite gewarnt. So würden in diesem Fall Inhaber einer Hybridanleihe über 400 Millionen Euro leer ausgehen und sich die Eigentümer einer Wandelanleihe sowie die Gläubiger einer Kreditlinie von 1,35 Milliarden Euro auf hohe Verluste einstellen. IVG hatte Ende Mai angekündigt, dass die Schulden in Höhe von rund vier Milliarden Euro um rund 40 Prozent gesenkt werden müssten, um überleben zu können. Seit Ende Mai arbeitet mit Hans-Joachim Ziems ein eigener "Restrukturierungsvorstand" unter IVG-Vorstandschef Wolfgang Schäfers. Ziems hatte im vergangenen Jahr den insolventen Spanplattenhersteller Pfleiderer verkauft. Ähnlich wie IVG war Pfleiderer überschuldet.

Die eigentlichen Ursachen für die existenzbedrohende Krise von IVG liegen länger zurück. In die Ära des langjährigen Vorstandschefs Eckart John von Freyend von 1995 bis 2006 fiel die Entscheidung zum Bau des Bürogiganten "The Squaire" am Frankfurter Flughafen. Die ursprünglich geplanten 600 Millionen Euro Baukosten verdoppelten sich - auch wegen schwerer Pannen mit Billigstahl aus China. Von dieser Großbaustelle erholte sich IVG nicht mehr. Die riskanten Projektentwicklungen setzte von Freyends Nachfolger Wolfhard Leichnitz fort. In der Immobilienblase von 2006 kaufte IVG dann auch noch mehrere Bürogebäude der Allianz überteuert für 1,5 Milliarden Euro. Leichnitz musste zwei Jahre später gehen, offiziell aus "persönlichen Gründen".

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