Der Betrieb soll vorerst weiterlaufen

Waren-Ein- und Ausgangsstopp bei Agfa in Windhagen

  Produktionsstillstand  herrscht teilweise bei Agfa in Leverkusen.

Produktionsstillstand herrscht teilweise bei Agfa in Leverkusen.

Foto: ap

Leverkusen/Windhagen. (ppw/scht/dpa) Die Zukunft des Fotounternehmens AgfaPhoto ist ungewiss. Nach der Einleitung eines vorläufigen Insolvenzverfahrens in der vergangenen Woche ( der GA berichtete) stand am Montag im Hauptwerk Leverkusen ein Teil der Produktion still, wie Unternehmens- und Betriebsratsseite sagten.

AgfaPhoto-Betriebsratschef Bernhard Dykstra sagte am Montag, rund 200 Mitarbeiter im Leverkusener Werk könnten derzeit nicht mehr arbeiten, da einige Maschinen abgestellt worden seien. Es müsse auch geprüft werden, wie lang die vorhandenen Rohstoffe noch für die Produktion reichten. Eine Schließung des Werks sei nicht vorgesehen.

Ziel des Insolvenzverwalters sei es zunächst, wieder Liquidität sicherzustellen, damit Zulieferer wieder Material lieferten. Bundesweit sind bei der Traditionsfirma von der Pleite rund 1 800 Beschäftigte bedroht, darunter etwa 800 in Leverkusen und 270 in Windhagen (Kreis Neuwied). Der Insolvenzverwalter will nach Angaben des Betriebsrats auch versuchen, die Auszahlung der fälligen Mai-Gehälter für die Beschäftigten zu sichern.

Bei der insolventen AgfaPhoto GmbH gab es unter den Investoren offenbar einen zumindest einwöchigen Streit über ein mögliches Rettungskonzept. Der Konflikt endete am vergangenen Mittwoch mit der Nachricht über den Insolvenzantrag an die Mitarbeiter. Erst am Freitag gelangte die Nachricht an die Öffentlichkeit. Am 20. Mai und damit eine Woche zuvor hatte das Unternehmen jedoch bereits die Insolvenz beantragt, bestätigte Unternehmenssprecher Thomas Schulz.

Mit dem frühen Antrag wollten die Gesellschafter haftungsrechtliche Schwierigkeiten verhindern. Es habe Hoffnung auf eine Sanierungslösung gegeben. Dann hätte der Insolvenzantrag wieder zurückgezogen werden können. "Diese Hoffnung muss sich am Mittwochabend zerschlagen haben", so Schulz. Worin die mögliche Lösung bestand, konnte der erst nach dem Insolvenzantrag berufene Sprecher nicht sagen.

Das Unwissen darüber wird maximal drei Monate anhalten. In dieser Zeit muss der zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellte Kölner Anwalt Andreas Ringstmeier diese Frage in einem Gutachten klären und sich zu den Chancen des Unternehmens äußern. Erst dann wird auch klar sein, warum das Unternehmen Zahlungsunfähigkeit anmelden musste. Dies ist bis dato vor allem deshalb rätselhaft, weil der Münchner Hauptinvestor Nanno Beteiligungsholding die Insolvenz angeblich mit frischem Geld abwenden wollte.

Möglicherweise gab es Widerstand bei den übrigen Investoren, die ihre einstigen Renditeaussichten für nicht mehr erfüllbar hielten. Außer Nanno hielt das Management 25 Prozent und jeweils zehn Prozent die beiden Investoren- Gesellschaften Abrams Capital und Highfields Capital aus Boston. Der Betrieb in den AgfaPhoto-Werken soll vorerst weiterlaufen. Bis einschließlich Juli erhalten die Mitarbeiter ein wahrscheinlich über Bankkredite vorfinanziertes Insolvenzgeld.

Entsprechende Gespräche mit Kreditinstituten seien am Wochenende vielversprechend verlaufen, so Schulz. Auch im Agfa-Werk in Windhagen zeigte man sich befremdet über die Vorgehensweise. Am Mittwoch soll eine Betriebsversammlung stattfinden, auf der die Mitarbeiter informiert werden. "Aber etwas Genaues wissen wir nicht", sagte der Betriebsratsvorsitzende Frank Hagemann dem General-Anzeiger auf Anfrage.

"Wir hoffen, dass die Unternehmensleitung auf ihrer Wirtschaftsausschussitzung, die im Anschluss an die Aufsichtsratssitzung (Dienstag, Anm. der Redaktion) in Leverkusen stattfindet, Stellung bezieht, wie es überhaupt zu dem Dilemma kommen konnte." Derzeit wird in Windhagen zwar gearbeitet, aber es "geht keine Ware raus und es kommt keine rein - das ist schon beängstigend", erklärte Hagemann.

Und es soll auch weiter gearbeitet werden: "Solange wir dazu in der Lage sind, werden wir hier arbeiten - schließlich hoffen wir, dass es weitergeht." An den kursierenden Spekulationen über das Zustandekommen des Antrages auf Insolvenz will er sich nicht beteiligen: "Solange ich keine offiziellen Informationen habe, will ich keine Vermutungen anstellen, aber eine zeitnahe Information hätte sicher mehr geholfen, als das, was jetzt abläuft. Wir hätten auch gerne unsere Kunden und Lieferanten informiert." Einem Gerücht würde er allerdings gerne glauben: "Es heißt, ein Geldgeber, der unsere Maigehälter vorfinanziert, sei inzwischen gefunden."

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