Keine Einigung mit US-Spekulanten Argentinien erneut zahlungsunfähig

PUEBLA/BUENOS AIRES · Bis zur letzten Minute versuchten die Unterhändler, am Mittwoch in New York noch eine Lösung für die argentinischen Altschulden zu finden. Kurz vor Mitternacht trat Wirtschaftsminister Axel Kicillof vor die Presse und verkündete den zweiten Zahlungsausfall ("Default") Argentiniens innerhalb von 13 Jahren.

Die Forderungen der Hedgefonds seien nicht erfüllbar, sagte er. Die Ratingagentur Standard & Poors setzte - wie berichtet - die argentinischen Staatsschuldscheine daraufhin auf "selektiven Default". Die Generaldirektorin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, erklärte, das sei zwar bedauerlich, sie erwarte aber keine Auswirkungen auf die Weltwirtschaft, da Argentinien schon lange nicht mehr auf den Finanzmärkten präsent sei. Kurz zuvor hatte das Land noch eine Zahlungsrate an den Pariser Club überwiesen.

Im Gegensatz zur Staatspleite von 2001, die in Demonstrationen, Bankenschließungen und eine Staatskrise mündete, handelt es sich diesmal um einen technischen Rechtsstreit, der für die Bevölkerung zunächst keine direkten Auswirkungen hat. Entsprechend ruhig blieb es am Abend in Buenos Aires. "Ich habe so viele Krisen erlebt, dass diese mir nicht den Schlaf raubt", sagte der Elektriker Mariano Torga. Umfragen zufolge unterstützt knapp die Hälfte der Argentinier die harte Haltung der Regierung in der Frage. Kicillof machte für die "irrationale und chaotische Situation" den US-Richter Thomas Griesa verantwortlich, der den Hedgefonds Recht gegeben hatte, die 1,3 Milliarden US-Dollar einfordern.

Der 84-jährige Griesa habe nie die Tragweite seiner Entscheidung verstanden, kritisierte ihn kürzlich die New York Times. Der Rechtsstreit wurzelt in der Pleite von 2001. Bei der Umstrukturierung 2005 und 2010 hatte Argentinien seinen Gläubigern neue Schuldscheine mit einem Kapitalschnitt von 70 Prozent und längeren Laufzeiten angeboten. Da sie aber ans Wachstum des Landes indexiert waren, und Argentinien in der Folge zum Teil sogar zweistellige Wachstumsraten aufzuweisen hatte, erwies sich das Geschäft letztlich als nicht schlecht. 92 Prozent Prozent der Gläubiger hatten die Umschuldung akzeptiert.

Eine kleine Gruppe Hedgefonds, angeführt vom US-Spekulanten Paul Singer, kaufte jedoch nach der Pleite billig Bonds mit der Absicht, die volle Bezahlung juristisch einzufordern. Sie hatten Erfolg - trotz Warnungen des IWF, der fürchtet, dass das die Spekulation anheizt und künftige Umschuldungskampagnen unmöglich werden. 2003 hatte der IWF für solche Fälle ein internationales Insolvenzverfahren vorgeschlagen, musste davon jedoch auf Druck der USA Abstand nehmen.

Kicillof erklärte, Argentinien zahle weiter seine neuen Schuldscheine, die Banken blockierten die Überweisung an die Gläubiger jedoch aufgrund des Urteils. Die Forderungen der Spekulanten bezeichnete er als nicht erfüllbar. Er habe den Hedgefonds erfolglos die gleichen Konditionen wie den anderen Gläubigern angeboten, was für diese einen Gewinn von 300 Prozent bedeuten würde. "Sie wollen mehr, und wir sind nicht bereit, die Zukunft der Argentinier dafür aufs Spiel zu setzen."

Argentinien ist derzeit mit 46 Prozent seines Bruttoinlandsproduktes verschuldet und hätte genügend Devisenreserven, um die Hedgefonds auszubezahlen. Doch die Regierung fürchtet, dass dann auch die restlichen 92 Prozent der Gläubiger auf die volle Zahlung des Nennwertes klagen, was das Land erneut in die Katastrophe treiben würde. Außerdem verbietet die sogenannte Rufo-Klausel in den umgeschuldeten Bonds, bis Dezember 2014 den Hedgefonds ein besseres Angebot zu machen.

Der US-Vermittler Daniel Pollack erklärte, die Folgen des Defaults seien unvorhersehbar und die Zeche dafür müsse das argentinische Volk zahlen. Wirtschaftsexperten rechnen mit einer Rezession. "Es wird weniger Geld im Umlauf sein, der Druck auf den Peso wird die Inflation weiter anheizen, die Wirtschaft wird stagnieren und die Arbeitslosigkeit steigen", sagte Guillermo Nielson, ehemaliger Finanzminister.

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