Gasexplosion schockt Ludwigshafen "Ich hatte Angst um meine Haut"

Ludwigshafen · Die ungeheure Hitze lässt sogar in 150 Metern Entfernung die Blinker an Autos schmelzen. Eine Gasexplosion und ein Brand haben in Ludwigshafen-Oppau große Schäden angerichtet - und einen Menschen das Leben gekostet.

Eingedrückte Scheiben, eine angekohlte Fassade, Brandgeruch in der Luft: Die Häuserzeile an den Bahngleisen in der Oppauer Straße in Ludwigshafen sieht aus, als ob sie tagelang unter Dauerbeschuss gestanden hätte. Nur wenige Meter von dem dreistöckigen Wohnhausblock entfernt liegt die Gasleitung, bei deren Reparatur das Unglück am Donnerstagmittag geschehen ist. Ein Mann ist tot, 26 weitere Menschen sind verletzt, sieben von ihnen schwer. Nach Angaben eines Feuerwehrsprechers gehören auch drei Kinder zu den Verletzten, deren Zahl sich noch ändern könnte.

Dass es nicht noch schlimmer gekommen ist, wirkt angesichts der Schäden in der Umgebung fast wie ein Wunder: Die Explosion hat einen fünf bis sechs Meter tiefen Krater mit einem Durchmesser von zehn Metern gerissen, in der Nähe abgestellte Autos und Baufahrzeuge sind ausgebrannt, Dächer zum Teil abgedeckt, die Straße ist mit Gesteinsbrocken übersät. Etwa 50 Häuser seien betroffen, sagt Feuerwehrchef Peter Friedrich. Die Hitze des Brandes hat sogar in 150 Metern Entfernung auf einem Parkplatz die Blinkergläser und Stoßstangen der Autos schmelzen lassen.

"Auf einmal hat es eine Riesenexplosion gegeben"

Gewaltige Explosion in Ludwigshafen
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Maike Kaddatz war zwei Minuten vor dem großen Knall an der Baustelle vorbeigegangen, sie hatte gerade in ihrem Nagelstudio die Türe hinter sich zugemacht. "Auf einmal hat es eine Riesenexplosion gegeben - und eine meterhohe Flamme. Ich habe gedacht, das hört gleich auf, aber es hörte nicht auf", berichtet die 49-Jährige. 20 Minuten lang sei die Flamme gleich groß gewesen, schätzt sie. "Ich konnte die Ladentüre nicht aufmachen, es war so eine Hitze." Die Temperaturen brachten das Kunststoffschild mit der Aufschrift "ladylike" über ihrer Türe zum Schmelzen, die großen Schaufensterscheiben sind von tiefen Rissen durchzogen. "Man ist panisch", schildert die Geschäftsfrau ihre Gefühle.

Anwohner Thorsten Koch hörte die Detonation zu Hause und machte dann mit seinem Handy Fotos von der Riesenflamme. "Aber nicht lange, es war zu heiß", sagt der 35-Jährige. "Ich hatte Angst um meine Haut." Auch in seiner Wohnung habe er sich nicht mehr sicher gefühlt: Die Hitze habe man sogar hinter dem geschlossenen Fenster gespürt. "Ich habe gedacht, ich bin im Solarium." Aus Angst, sogar in der Wohnung verletzt zu werden, lief er auf die Straße und suchte das Weite - so wie viele andere in der Nachbarschaft. "Die Leute sind in Panik gerannt", sagt der 35-Jährige.

0 Meter hoch sei die Stichflamme gewesen, berichtet Bürgermeister Wolfgang van Vliet (SPD). Zudem habe es zwei Explosionen gegeben. Nach seinen Angaben geschah das Unglück bei Arbeiten an einer Gas-Hauptversorgungsleitung, mit der Gas in das Netz der Technischen Werke Ludwigshafen gespeist wird. Die Leitung ist nach Angaben von Polizeisprecher Michael Baron unterbrochen. Ein Polizei-Hubschrauber kreist über dem Unglücksort, an dem sich zahlreiche Schaulustige versammelt haben. Auf einem Sportplatz ganz in der Nähe stehen Rettungshelikopter.

Unterdessen machen sich die Feuerwehrleute ein Bild der Lage - von einer hoch ausgefahrenen Leiter aus beobachten sie die Unglücksstelle aus der Luft. Am Abend nehmen Brandexperten die betroffenen Wohnungen in Augenschein. Einige können derzeit nicht genutzt werden, die Bewohner kommen vorerst im Bürgerhaus Oppau unter. "Derzeit betreuen wir 60 Betroffene in der Sammelstelle", sagt ein Mitarbeiter der Feuerwehr-Einsatzleitung.

Schon einmal verheerende Explosionen in Oppau - vor über 90 Jahren

Angekohlt ist auch das Schild mit der Aufschrift "1200 Jahre Oppau 808 - 2008". Der in der Nähe des BASF-Werks gelegene Stadtteil hat schon einmal ein schreckliches Unglück erlebt: 1921 explodierte hier ein Silo der BASF - es gab mehrere Hundert Tote.

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