Einbrüche am Fließband Banden aus Südosteuropa treiben Zahlen hoch

DÜSSELDORF · Die Einbruchzahlen in Nordrhein-Westfalen steigen - trotz enormen Aufwands der Polizei und einer Reihe beachtlicher Ermittlungserfolge. Banden aus Südosteuropa füllen rasch die Lücken in ihren Reihen.

 Der Chef des Landeskriminalamts, Uwe Jacob, rechnet mit über 60.000 Wohnungseinbrüchen im gerade abgelaufenen Jahr 2015.

Der Chef des Landeskriminalamts, Uwe Jacob, rechnet mit über 60.000 Wohnungseinbrüchen im gerade abgelaufenen Jahr 2015.

Foto: dpa

Sie bevorzugen Eigenheimsiedlungen mit direktem Autobahnanschluss und schlagen am liebsten Nachmittags zu. Meist dringen sie auf der Rückseite der Häuser ein. Für das Aufhebeln von Türen oder Fenstern brauchen sie in der Regel nur Sekunden. Nordrhein-Westfalen wird - trotz gestiegener Bemühungen der Polizei - vermehrt von Einbrecherbanden heimgesucht. In manchen Straßen hat in jüngster Zeit schon jeder Dritte ungebetenen Besuch erhalten. Während die Zahl der ortsansässigen Täter rückläufig ist, stoßen die Ermittler an den Tatorten immer häufiger auf die Spuren professioneller Banden aus Südosteuropa.

Der Chef des Landeskriminalamts, Uwe Jacob, rechnet mit über 60.000 Wohnungseinbrüchen im gerade abgelaufenen Jahr 2015. Im Jahr zuvor waren 52.800 Fälle gezählt worden. „Unsere Konzepte sind gut und greifen. Aber wir haben andere Entwicklungen, die wir zur Kenntnis nehmen müssen. Wir verzeichnen immer mehr nichtdeutsche Straftäter“, sagte Jacob der Deutschen Presse-Agentur. „Bislang waren die meisten überregional aktiven Täter Deutsche, mittlerweile sind es Rumänen.“

Mit der aktuellen Zuwanderung von Flüchtlingen habe dies nichts zu tun, betont Jacob. „Den Trend gab es schon vorher. Die Flüchtlinge aus Syrien und Irak sind nicht unsere Straftäter.“ Die Täter seien in großer Zahl EU-Bürger, die Freizügigkeit genießen. „Stammtisch-Konzepte helfen da also nicht.“

NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) verweist am Mittwoch auf die Erfolge im Kampf gegen die Einbrecherbanden. Seit August 2013 seien fast 800 Serieneinbrecher identifiziert worden. Gut 500 von ihnen „waren oder sind in Haft“. Ohne das bundesweit gelobte NRW-Fahndungskonzept gegen mobile Intensivtäter sähe wohl alles noch viel schlimmer aus. Als mobiler Intensivtäter gilt, wer binnen eines Jahres mindestens fünf Einbrüche in drei verschiedenen Polizeibezirken begeht.

Im Landeskriminalamt hängen an Stellwänden komplexe Grafiken, die sich erst auf den zweiten Blick erschließen: Mit ihnen versuchen die Kriminalisten, Bandenstrukturen erkennbar zu machen - trotz wechselnder Personen, Regionen, Zeiten und Vorgehensweisen.

Aus den Polizeigewerkschaften war zuletzt Kritik an der NRW-Justiz zu vernehmen: Zu spät kämen Einbrecher hinter Gitter, zu schnell seien sie wieder draußen. Doch NRW-Innenminister Jäger will sich der Richterschelte nicht anschließen. Die Ballungsgebiete seien es, die die Einbrecher anlockten.

Schlimmer als die materiellen Schäden, für die meist die Hausratversicherung aufkommt, sind die emotionalen Schäden, berichten Polizisten und die Hilfsorganisation Weißer Ring. Jeder Achte fühle sich nach einem Einbruch in seinem Heim nicht mehr sicher und ziehe um. Jeder Fünfte bis Sechste leide langfristig unter Ängsten und psychosomatischen Belastungen.

Die Hausratversicherer zahlten 2014 in Deutschland 490 Millionen Euro für Schäden durch Einbrüche aus. Laut Verband der Versicherungswirtschaft GDV nahmen die Schäden damit innerhalb von fünf Jahren um 35 Prozent zu. Im Durchschnitt schlug jeder Einbruch mit 3250 Euro zu Buche.

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