Hamas lehnt von Israel verlängerte Waffenruhe ab

Gaza/Tel Aviv/Paris · Die radikalislamische Hamas lehnt die von Israel um 24 Stunden verlängerte humanitäre Waffenruhe ab.

 Sami Abu Suhri,offizieller Hamas-Sprecher. Foto: Ali Ali/Archiv

Sami Abu Suhri,offizieller Hamas-Sprecher. Foto: Ali Ali/Archiv

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Hamas-Sprecher Sami Abu Suhri sagte, seine Organisation werde keine humanitäre Waffenruhe akzeptieren, die nicht den Rückzug der israelischen Armee aus dem Gazastreifen beinhalte, berichtete das israelische Online-Portal "Ynet". Die vom israelischen Sicherheitskabinett auf Bitten der UN verlängerte Feuerpause soll bis 23.00 Uhr (MESZ) am Sonntagabend gelten. Auch in der Nacht heulten in israelischen Städten in der Nähe des Gazastreifens wieder Sirenen, um vor palästinensischen Raketen zu warnen.

Während der Zeit der Feuerpause will die israelische Armee weiter Tunnel der Hamas im Gazastreifen zerstören und auf Verletzung der Waffenruhe durch die Gegenseite antworten, berichteten israelische Medien. Am Sonntag soll die Regierung weiter über die Militäroperation im Gazastreifen beraten.

Am Samstag hatten Israel und die militanten Palästinenser eine Feuerpause eingehalten, die am Abend zu Ende ging. Einer von Israel zunächst auf vier Stunden anberaumten Verlängerung hatten sich die Hamas und andere bewaffnete Gruppen jedoch nicht angeschlossen.

Die Hamas beschoss stattdessen Israel erneut mit Raketen. In mehreren Regionen im Süden des Landes heulten die Sirenen. Über der Stadt Aschkelon fing die israelische Raketenabwehr nach Armeeangaben zwei Geschosse ab.

Ein Zivilist wurde schwer verletzt. Israel nahm daraufhin seine offensiven Militäroperationen im Gazastreifen wieder auf. Im Ort Deir al-Balah wurde ein Palästinenser durch Schüsse getötet, teilten Rettungskräfte mit.

Die Feuerpause am Samstag nutzten zahlreiche Menschen in Gaza dazu, um ihre Vorräte aufzustocken. Die Rettungskräfte erreichten erstmals seit Beginn der israelischen Bodenoffensive am 17. Juli bis dahin schwer umkämpfte "Todeszonen". Sie bargen mehr als 150 Leichen, wie die Rettungsdienste mitteilten.

Im Gaza-Konflikt wurden bisher 1047 Palästinenser getötet, mehr als 6000 wurden verletzt. Unter den Opfern sind viele Kinder. Auf israelischer Seite kamen 42 Soldaten und drei Zivilisten um. Nach andauerndem Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen hatte Israel am 8. Juli mit Luftangriffen auf Ziele im Gazastreifen begonnen, ehe am 17. Juli Panzer einrückten.

In den umkämpften Gebieten wurden ganze Häuserreihen durch Bombardements dem Erdboden gleichgemacht. Menschen begruben ihre toten Angehörigen auf freien Flächen zwischen den Häusern. Mehr als zwei Drittel der Opfer sind nach palästinensischen Angaben Zivilisten.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte eindringlich nochmals alle Beteiligten auf, eine siebentägige Waffenruhe auszurufen. Auch bei einem Krisentreffen in Paris war zuvor eine Verlängerung der Feuerpause gefordert worden.

Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu, der an den Gesprächen in Paris teilnahm, sagte, die Konferenzteilnehmer seien dort sehr nahe dran gewesen, eine längere Waffenruhe zu erreichen. "Aber Israel wies den Vorschlag in letzter Minute zurück." Die Türkei werde alles daran setzen, eine längere Feuerpause durchzusetzen.

Israel und die Palästinenser-Fraktionen hatten sich am Freitag darauf geeinigt, aus humanitären Gründen die Waffen zwischen 7.00 und 19.00 Uhr schweigen zu lassen. Viele Palästinenser in dem dicht besiedelten Gebiet nutzten die Möglichkeit, sich mit Nahrung und Medikamenten einzudecken. Die Straßen füllten sich wieder mit Menschen, in den Lebensmittelmärkten herrschte Andrang.

Kurz vor Inkrafttreten der Feuerpause trafen israelische Artilleriegranaten in der Nacht zum Samstag ein Wohnhaus in Chan Junis. 20 Menschen - unter ihnen zehn Kinder - wurden getötet und viele weitere verletzt, wie die palästinensischen Rettungsdienste mitteilten. Die Opfer gehörten alle derselben Familie an.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier erklärte am Rande des Pariser Treffens: "Wir sind übereingekommen, die Parteien zu einer Verlängerung des Waffenstillstandes aus humanitären Gründen aufzurufen." Die Zeit müsse genutzt werden, um Verhandlungen für einen dauerhaften Waffenstillstand vorzubereiten. Gaza dürfe nicht länger "ein Waffenlager für die Hamas" bleiben. Zudem müssten die Lebensbedingungen der Menschen im Gazastreifen nachhaltig verbessert werden.

Neben Steinmeier und dem französischen Außenminister Laurent Fabius nahmen an den Gesprächen auch deren US-Kollege John Kerry, Philip Hammond aus Großbritannien sowie Vertreter aus Italien, Katar, der Türkei und der EU teil.

Großbritannien und andere Länder wollen Gaza beim Wiederaufbau helfen. Voraussetzung sei jedoch, dass eine Lösung des Konflikts zwischen Israel und der Hamas gefunden werde, sagte Hammond. Auch müsse Israels Sicherheit garantiert sein.

Die israelische Regierung hatte einen Vorschlag Kerrys, sieben Tage lang die Kämpfe ruhen zu lassen und über die Forderungen der Hamas zu verhandeln, in dieser Form abgelehnt. Das Kabinett von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und die Hamas einigten sich schließlich auf Drängen von Kerry und UN-Generalsekretär Ban zumindest auf die zwölfstündige Feuerpause am Samstag.

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