Griechenland kann mit weiteren Milliardenhilfen rechnen

Brüssel · Nach wochenlangem Gezerre ist der Weg für die Verlängerung des Hilfsprogramms für Griechenland frei.

 Eurogruppenchef Dijsselbloem (l) im Wirtschaftsausschuss des Europaparlaments in Brüssel. Foto: Julien Warnand

Eurogruppenchef Dijsselbloem (l) im Wirtschaftsausschuss des Europaparlaments in Brüssel. Foto: Julien Warnand

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Die Finanzminister der 18 anderen Euro-Staaten akzeptierten am Dienstag einstimmig eine von der Regierung in Athen vorgelegte Reformliste als Grundlage für weitere Milliardenkredite. Sie sollen das hoch verschuldete Land in den kommenden Monaten einmal mehr vor der Staatspleite retten.

"Wir haben eine Krise abgewendet", kommentierte EU-Währungskommissar Pierre Moscovici die in einer Telefonkonferenz getroffene Entscheidung. Die Einigung sei ein "sehr wichtiger erster Schritt".

Allerdings gibt es noch Hürden. Zum einen müssen noch mehrere nationale Parlamente der Verlängerung des Hilfsprogrammes bis Ende Juni zustimmen, das Votum des Deutschen Bundestages ist für diesen Freitag geplant. Zum anderen muss Athen bis Ende April seine Reformpläne weiter präzisieren und mit Zahlen untermauern. Nur wenn dann eine erneute Überprüfung positiv ausfällt, soll Geld fließen.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) machte in einer Sitzung der Unionsfraktion deutlich, dass Athen Schritte in Richtung Realität getan habe. Zugleich warnte sie vor übermäßigem Optimismus. "Die Aufgabe ist (...) mitnichten erledigt", sagte sie nach Teilnehmerangaben.

Über weitere Kredite für Griechenland hatte es zuletzt wochenlang Streit gegeben, weil Ministerpräsident Alexis Tsipras und sein Linksbündnis Syriza Reform- und Sparauflagen der Geldgeber nicht akzeptieren wollten. Zu den jetzt in Athen geplanten Reformen gehören unter anderem Maßnahmen zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung und der Korruption. Daneben soll es aber auch um den Kampf gegen wachsende Armut im Land gehen.

Der Chef der Eurogruppe, Jeroen Dijsselbloem, äußerte sich positiv über die von Athen präsentierten Reformpläne, warnte jedoch vor allzu großer Zuversicht. "Die griechische Regierung ist vielleicht zu optimistisch darüber, wie schnell sie die Steuereinnahmen erhöhen kann", sagte er im niederländischen Fernsehen. Man müsse nun dafür sorgen, dass sich die Griechen weiter vom Abgrund entfernten.

Insbesondere die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, forderte Nachbesserungen. Die vorgelegte Liste sei zwar umfangreich, aber recht allgemein gehalten, schrieb sie in einem Brief an Dijsselbloem. In "vielleicht den wichtigsten" Bereichen vermisst Lagarde "klare Zusicherungen", dass die Regierung die in den bisherigen Vereinbarungen angekündigten Maßnahmen auch wirklich angehen will.

Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, wies darauf hin, dass die Pläne Athens zum Teil von den bisherigen Reformverpflichtungen abwichen. Hier sei zu prüfen, ob die neuen Vorschläge mindestens gleichwertig seien. Die nun "Institutionen" genannten früheren Troika-Kontrolleure bezeichneten die Reformvorschläge Griechenland als guten "Ausgangspunkt".

Die vorherigen Hilfen und das aktuelle Hilfsprogramm für Griechenland haben zusammen ein Volumen von rund 240 Milliarden Euro. Das aktuelle Programm war noch unter der Vorgängerregierung schon einmal um zwei Monate verlängert worden. Eine weitere Verlängerung ist Voraussetzung für weitere Hilfszahlungen. Fließen könnten zum Beispiel die auf Eis liegende Kredittranche von 1,8 Milliarden Euro sowie zugesagte Zinsgewinne der EZB aus griechischen Anleihen von 1,9 Milliarden Euro.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) beantragte beim Bundestag bereits eine Verlängerung des Programms für vier Monate. Nur darum gehe es, "und um sonst nichts", sagte er laut Teilnehmern in der Sitzung der Unionsfraktion. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann erwartet bei der geplanten Abstimmung im Parlament eine klares Ja. Union und SPD haben dort eine 80-Prozent-Mehrheit.

Griechenland wird nach Einschätzung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) aber im Sommer ein drittes Hilfsprogramm brauchen. "Griechenland hat eine große Finanzierungslücke von 30 bis 40 Milliarden Euro für die nächsten drei Jahre", sagte DIW-Präsident Marcel Fratzscher einer Mitteilung zufolge. Den Kompromiss zu Griechenlands Reformvorschlägen bezeichnete er als "weise und zielführend".

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