Boris Johnson Ein Clown mit knallharten Ambitionen

LONDON · Eigentlich lautet sein Name Alexander Boris de Pfeffel Johnson. Bei den Briten aber heißt er nur Boris. Der ungekämmte Politiker, der am liebsten mit dem Fahrrad durch London düst und nie um einen Witz verlegen ist, kommt bei den Menschen an.

Johnson, Bürgermeister der englischen Hauptstadt, ist einer zum Anfassen. Und nicht selten wird der 50-Jährige angehimmelt wie ein Popstar, den man um ein Autogramm oder zum Selfie bittet. Doch auch wenn er seine wahren Absichten gerne hinter nebulösen Bemerkungen oder Späßen versteckt, ist "die blonde Gefahr", wie er von Medien schon genannt wurde, vom Ehrgeiz getrieben. Dementsprechend glauben viele Beobachter, dass der charismatische Exzentriker eines Tages Premierminister werden könnte.

Medien trauen ihm den Aufstieg an die Parteispitze zu und sind sich einig: Der konservative Politiker will sich mit seinen regelmäßigen Wortmeldungen in den vergangenen Monaten zu nationalen Inhalten eine Plattform für den Kampf um die Nachfolge von David Cameron sichern. Was "Boris" natürlich bislang bestritten hat. Seine Chancen, Premier zu werden, seien so groß wie "Elvis auf dem Mars zu finden", sagte er einmal.

Oder dass er als Olive wiedergeboren werde oder von einer Frisbee-Scheibe geköpft werde. Es sind typische Johnson-Aussagen und gesagt hat er überhaupt schon viel. Zum Beispiel hat er den Londoner Wählern versprochen, bis 2016 alle seine Kräfte der Hauptstadt und deren Vorankommen zu widmen.

Dieses Versprechen hat er gebrochen, als er kürzlich ankündigte, zusätzlich zu seinem Bürgermeisteramt bei der Parlamentswahl im Mai 2015 für das britische Unterhaus kandidieren zu wollen. Es ist ein erster Schritt auf dem langen Weg zum Regierungschef - nicht nur, dass er einen Sitz im Unterhaus erobern müsste, auch die Tories müssten erst einmal wieder gewinnen. Der Anfang aber ist gemacht.

Der angeschlagene Premier Cameron zeigte sich nach Johnsons Ankündigung als Unterstützer und nannte sie eine "großartige Neuigkeit". Er habe immer gesagt, "dass ich meine Starspieler auf einem Feld haben will", twitterte Cameron. Die Frage ist, wie lange noch.

Die schillernde Persönlichkeit hat viele Anhänger und kann begeistern wie kaum eine andere auf dem politischen Parkett. Das hat mit seinen mitunter markigen Sprüchen zu tun. "Wenn Sie die Konservativen wählen, bekommt Ihre Frau größere Brüste und Sie haben bessere Chancen auf einen BMW M3", warb er einmal für seine Tory-Partei.

Auch wenn er mit seiner ruppigen und lockeren Art großen Unterhaltungswert besitzt, ist er doch ein Konservativer. Der Euroskeptiker hat vor wenigen Wochen einen eigens in Auftrag gegebenen Report zur EU-Mitgliedschaft vorgestellt. Die Wunschliste beinhaltet, dass Entscheidungen zur Einwanderungspolitik zurück in die nationalen Parlamente verlagert werden sollen. Nur wenn die Union weitgehende Reformen zuließe, würde Johnson den Verbleib der Briten in der EU befürworten.

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