Kommentar zur Landessynode der evangelischen Kirche Noch fehlt der Ruck

Meinung | Bad Neuenahr-Ahrweiler · Unser Autor kommentiert die Landessynode der evangelischen Kirche: Warum die Evangelische Kirche immer wieder Reformen mit Schnickschnack verwechselt.

 Der leitende Theologe der Evangelischen Kirche im Rheinland, Praeses Manfred Rekowski, spricht vor dem Kirchenparlament auf der Jahrestagung in Bad Neuenahr.

Der leitende Theologe der Evangelischen Kirche im Rheinland, Praeses Manfred Rekowski, spricht vor dem Kirchenparlament auf der Jahrestagung in Bad Neuenahr.

Foto: epd

Nach einem Jahrzehnt des drastischen Sparens, um die 2,66 Millionen Mitglieder zählende Evangelische Kirche im Rheinland auch finanziell zukunftsfähig zu machen, hat nun die Landessynode als oberstes Beschlussorgan des zweitgrößten Mitglieds der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) damit begonnen, auch neue Wege zu beschreiten. Schließlich ist die Kirche der Reformation nie abgeschlossen, sondern eine „semper reformanda“, eine sich immer wieder zu erneuernde.

Die sechstägige Landessynode 2017 zeigt auf den ersten Blick vielversprechende Ansatzpunkte: Ökumene unter einem Dach, Ergänzung der traditionellen Ortsgemeinden durch neue Gemeindeformen, Neuordnung der Zuweisung der mit über 720 Millionen Euro nach wie vor sprudelnden Kirchensteuern, Stärkung der Kirchenkreise und klammheimlich der Landeskirche.

Und nicht zu vergessen (auch finanzielle) Verantwortung für notleidende Menschen in aller Welt. Eine Verantwortung freilich, die die reiche rheinische Kirche schon immer übernommen hat, zuletzt besonders in der selbstlosen Hilfe für Flüchtlinge.

Allerdings verwechseln auch in der rheinischen Kirche Pfarrerinnen und Pfarrer das semper reformanda immer wieder mit modischem Schnickschnack, den sie dann gern Events nennen. Doch eine Kirche, die sich mit der Welt gemeinmacht und deren ständigem Drang nach „Brot und Spielen“ nachgibt, verliert letztlich jede Anziehungskraft.

Leider ist auch diese rheinische Landessynode eine Antwort schuldig geblieben, was Reformation heute eigentlich bedeutet, wie Außen- und Fernstehende neu für Gott sensibilisiert werden können, wie das Wächteramt der Kirche in der Gesellschaft überzeugend ausgeübt werden kann. Nach wie vor ist – auch die rheinische – Kirche viel zu sehr auf sich selbst fokussiert. Das semper reformanda muss auch in seinem 500. Jahr mehr sein als eine kaum mehr übersehbare Fülle von Veranstaltungen und neuen Büchern.

Wenn man sich auch noch die Arbeitshilfe „Weggemeinschaft und Zeugnis im Dialog mit Muslimen“ anschaut, die gegenwärtig in den Kirchengemeinden beraten und von der Landessynode 2018 verabschiedet werden soll, dann zeigt sich eine theologische Blutleere, die einem angst und bange werden lässt.

Sie ist nicht mehr als eine Anbiederung an die selbstbewusster gewordenen muslimischen Mitbürger mit der vereinfacht ausgedrückten Forderung „seid nett zueinander“.

Auch dieser Landessynode fehlte das, was Kirche und Gesellschaft in ihrem Alltag besonders benötigt und das, was der dieser Tage verstorbene Bundespräsident und langjährige EKD-Synodale Roman Herzog gefordert hat: Es muss ein Ruck durch das Land gehen. Und das schließt einen Ruck durch die Kirche mit ein, der den christlichen Glauben wieder zu einem Zentrum des Lebens macht.

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