Kommentar zum Tarifabschluss im öffentlichen Dienst Lehrer im Regen

BERLIN · Den Beschäftigten im öffentlichen Dienst sei es gegönnt. Ohne dass sie in einen echten und harten Arbeitskampf hätten ziehen müssen, haben ihre Verhandlungsführer für die 80 000 Mitarbeiter der Länder in der Tarifrunde einen satten Zuschlag herausgeholt.

Rund 4,5 Prozent mehr in diesen Zeiten ohne nennenswerte Geldentwertung - das ist eine respektable Reallohnsteigerung. Da bleibt tatsächlich etwas hängen.

Angesichts sprudelnder Steuereinnahmen haben sich die Arbeitgeber nicht lumpen lassen. Am Rande: Auf der Arbeitgeberbank sitzen ja die Finanzminister der Länder. Diejenigen, die sich jetzt so spendabel zeigen, betonen bei den Verhandlungen mit dem Bund über die Zukunft des Soli ja stets, wie schlecht sie dran sind. Und dass der Bund ihnen finanzielle Last abnehmen müsse, weil sie ansonsten nicht die grundgesetzlich verankerte Schuldenbremse einhalten könnten. Ganz so schlimm kann es um ihre Lage also wohl wohl nicht bestellt sein. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) dürfte bei der nächsten Verhandlungsrunde über die Reform der Bund-Länderfinanzbeziehungen ein Ass mehr für sich im Ärmel haben.

Wie der Verteilungsspielraum im Arbeitnehmerlager aufgeteilt wurde, lässt allerdings dann doch auch aufhorchen: Die unteren Lohngruppen werden besonders gut bedacht. Sie erzielen ein Plus um bis zu 6,87 Prozent. Damit verteuert sich die Arbeit gerade der ungelernten und wenig qualifizierten Kräfte drastisch. Die Folge dürfte sein, dass gerade diese einfachen Jobs von den Arbeitgebern zur Disposition gestellt werden, wenn sie sparen müssen. Vermeintlich wird den niedrig Bezahlten ein Gefallen getan, tatsächlich wird dieses Geschenk Jobvernichtung zur Folge haben.

Die verhältnismäßig üppigen Lohnzuwächse im Bereich der gering Qualifizierten gehen zu Lasten einer anderen Gruppe im öffentlichen Dienst: Den 200 000 angestellten Lehrern wurde einmal mehr die Angleichung ihrer Gehälter an die Beamtenbezüge verwehrt. Wobei man nicht vergessen darf, dass die angestellten Lehrer unter dem Strich weniger Geld haben als ihre 650 000 verbeamteten Kollegen, da sie Sozialbeiträge für die Altersversorgung, Krankenkasse und Arbeitslosenversicherung bezahlen müssen. Für die angestellten Lehrer war aber nach dem großen Schluck aus der Pulle nicht mehr genug übrig. In Sonntagsreden betont jeder Politiker, wie wichtig Bildung ist. Wenn es aber darum geht, den ohnehin schweren Beruf attraktiv zu halten, stehen die Lehrer häufig ohne Unterstützung der anderen im Regen.

Dies gilt auch für die Gewerkschaften: Der Verhandlungsführer dieser Runde hieß Frank Bsirske. Der Verdi-Chef hat eben andere Prioritäten gesetzt. Ihm war augenscheinlich die untere Lohngruppe wichtiger als die Gruppe der Lehrer. Kein Wunder, Verdi hat kaum Lehrer in ihren Reihen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort