Mindestlohn und Stromtrassen Koalition im Kriechgang

BERLIN · Die Herrschaften waren auf eine lange Nacht eingestellt. Erstmals nach drei Monaten trafen sich die Partei- und Fraktionschefs von CDU, CSU und SPD gestern am späten Abend wieder zu einer Koalitionsrunde.

 Yasmin Fahimi sorgt für Konfliktstoff in der Koalition.

Yasmin Fahimi sorgt für Konfliktstoff in der Koalition.

Foto: dpa

CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt hatte noch Stunden vor Beginn der Runde im Kanzleramt gesagt: "Die Gruppe ist so, dass sie schon Einiges aushalten kann. Spätes nach Hause Kommen und frühes Aufstehen." Ein Arbeitsgipfel ohne die Generalsekretäre Peter Tauber (CDU), Andreas Scheuer (CSU) und Yasmin Fahimi (SPD), deren Verhältnis seit Monaten als weitgehend zerrüttet gilt. Tauber und Scheuer trauen nach einigem Terminhickhack und angeblich nicht gehaltenen Absprachen Fahimi nicht mehr - und umgekehrt, so heißt es in Koalitionskreisen.

Die Koalitionsrunde hatte vor drei intensiven Sitzungstagen des Bundestages ausreichend Diskussionsstoff. Zum Beispiel beim gesetzlichen flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 Euro. Kaum zwei Monate als Gesetz in Kraft, steht dieses zentrale Wahlkampfthema der SPD wieder zur Debatte. Dabei hatte Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) ein Detail vor Beginn des gestrigen Koalitionstreffens ausgeräumt: Die 8,50-Euro-Grenze gilt nicht für Fußball-Amateur-Vertragsspieler, die häufig für ein Handgeld von einigen Hundert Euro im Monat an einen Verein gebunden werden, darunter auch ein Neffe Hasselfeldts, der für einen höherklassigen Amateurclub in Bayern spielt.

Gleichwohl dringt vor allem die CSU darauf, die Aufzeichnungspflicht für Arbeitgeber beim Mindestlohn zu lockern. Diese Dokumentationspflicht schreibt Unternehmen in bestimmten Fällen vor, die Arbeitszeit von Mitarbeitern zu erfassen. Die SPD will mit dieser Aufzeichnungspflicht einem Missbrauch vorbeugen. Die Union lehnt es als zu bürokratisch vor allem für Klein- und mittelständische Betriebe ab. So sollen zum Beispiel Mitarbeiter von Fahrdiensten sozialer Dienste von der Regelung ausgenommen werden.

Auch die gerade in Bayern heftig diskutierten Stromtrassen waren Thema der Koalitionsrunde. Diese Stromautobahnen sollen künftig als Ersatz für den Atomstrom Windenergie aus Norddeutschland in den Süden der Republik bringen. CSU-Chef Horst Seehofer hatte 2013 zwar zwei große Stromtrassen gebilligt, will nach Bürgerprotesten nun aber eine Revision. Vor allem eine Ost-West-Verbindung von Sachsen-Anhalt in den Raum Augsburg gilt im Freistaat wegen der Bürgerproteste als kritisch.

Zudem versuchten die Koalitionsspitzen, sich über die Mietpreisbremse zu einigen, wo es im parlamentarischen Verfahren hakt. Neuvermietungen sollen nach einem Entwurf aus dem SPD-geführten Bundesjustizministerium nur noch höchstens zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen dürfen.

Und schließlich sind da auch noch die Hilfen für das von der Staatspleite bedrohte Griechenland. Es geht um eine Verlängerung des zweiten Hilfspaketes für Griechenland um weitere vier Monate. Die Unionsparteien vertrauen hier auf die Expertise von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Bereits übermorgen soll der Bundestag darüber abstimmen.

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