Kommentar zum Polizistenmord Teuflisch

Washington · Vieles deutet darauf hin, bewiesen ist noch nichts, aber allein der Verdacht jagt Schockwellen durch Amerika: Der heimtückische Polizistenmord von New York könnte der Akt eines schwarzen Rächers gewesen sein, der die jüngsten strafrechtlich nicht geahndeten Todesfälle von Afro-Amerikanern durch weiße Polizisten auf eigene Faust sühnen wollte.

Wenn sich Ismaaiyl Brinsleys Todesbotschaft im Internet nicht als zynische Trittbrettfahrerei oder Ablenkungsmanöver herausstellen sollte - der vorbestrafte und offenbar psychisch labile Mann hatte unmittelbar vorher seine Ex-Freundin bei einem Streit fast getötet - hat die gesellschaftszersetzende Gewaltspirale in Amerika eine neue unheilvolle Qualität erreicht. Archaische Auge-um-Auge-Gelübde als Antwort auf aus dem Ruder gelaufene Polizei-Einsätze sind verabscheuungswürdig. Und für das extrem angespannte Verhältnis zwischen einigen Bevölkerungsgruppen und der Ordnungsmacht überall in den USA pures Gift.

Wenn sich der Staat in seinen Dienern angegriffen sieht, und Polizistenmord ist der drastischste Ausdruck dieser teuflischen Willkür, wird die Antwort wenig maßvoll sein. Männer und Frauen in Uniform nicht nur in New York werden künftig noch schneller den Finger am Abzug haben, wenn ihnen Zeitgenossen auf der Straße suspekt erscheinen. Brinsleys Morde dürfen nicht noch mehr Leben aufs Spiel setzen. Darum muss alles getan werden, damit der Mörder von Brooklyn in der schwarzen Community nicht klammheimlich zum Helden stilisiert wird.

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