Griechenland-Krise Nicht einmal ein Hauch von Verständigung

ATHEN · Tsipras macht alle Hoffnungen zunichte, er könnte auf das letzte Angebot der Gekdgeber eingehen.

 Ein Mitarbeiter der griechischen Nationalbank gibt Einlasstickets aus. Rentner ohne EC-Karte dürfen Geld von den ansonsten geschlossenen Banken abheben.

Ein Mitarbeiter der griechischen Nationalbank gibt Einlasstickets aus. Rentner ohne EC-Karte dürfen Geld von den ansonsten geschlossenen Banken abheben.

Foto: dpa

Eine schnelle Einigung auf ein neues Rettungsprogramm für Athen scheint nahezu ausgeschlossen. Kurz bevor die Euro-Finanzminister erneut zu einer Telefonkonferenz zusammenkamen, machte der griechische Regierungschef Alexis Tsipras mit einer TV-Ansprache alle Hoffnungen zunichte, er werde vielleicht doch noch auf das letzte Angebot der Geldgeber zurückgreifen und das geplante Referendum absagen.

Stattdessen erging sich Tsipras in fast schon patriotischen Tönen und forderte seine Landsleute auf, die Auflagen der Euro-Partner sowie der Europäischen Zentralbank (EZB) und des Internationalen Währungsfonds (IWF) abzulehnen: "Das Nein ist eine historische Verantwortung", sagte er.

"Die Renten und Gehälter sind sicher"

Es sei "nötig, um einen besseren Deal zu erreichen." Gleichzeitig bemühte sich der Premier, die aufkommende Unruhe und die zunehmenden Proteste der Hellenen gegen die Folgen seiner Politik zu beruhigen. "Die Renten und Gehälter sind sicher", sagte er den Menschen, die seit Montag nur noch 60 Euro täglich an den Bankautomaten abheben können.

Dabei hatte es am Morgen noch so ausgesehen, als wolle Tsipras einen neuen Anlauf für eine Verständigung mit den Geldgebern unternehmen. In einem Brief an die Spitze der EU sowie den Präsidenten der EZB, Mario Draghi, sowie IWF-Chefin Christine Lagarde hatte er signalisiert, auf die Erwartungen der Geldgeber einzugehen.

Soziale Reformen sollten im Herbst verabschiedet und Maßnahmen zur Wiedererlangung der Wettbewerbsfähigkeit nach dem Standard der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit in Europa (OECD) erlassen werden. Gleichzeitig forderte der Premier ein drittes Hilfsprogramm über 29 Milliarden Euro für zwei Jahre, das aus Mitteln des ESM-Rettungsschirms finanziert werden solle.

Dennoch zerschlugen sich am Abend die Hoffnungen, die Euro-Staats- und Regierungschefs könnten noch in dieser Woche zu einem Sondergipfel nach Brüssel reisen. Nachdem sich Kanzlerin Angela Merkel gegen ein Treffen vor dem Referendum ausgesprochen hatte, bestätigte auch EU-Ratspräsident Donald Tusk am Abend, dass keine Vorbereitungen für eine Runde der Chefs getroffen würden.

"Keine Verhandlungen vor dem Referendum"

"Wir sollten das Ergebnis des Referendums abwarten", sagte er. Auch die Euro-Finanzminister vertagten sich. "Es gibt keine Verhandlungen vor dem Referendum", betonte der Chef der Kassenwarte, Jeroen Dijsselbloem. Man sehe keinen Grund, vorher aktiv zu werden.

Gleichzeitig nahm die Kritik an dem für Sonntag geplanten Referendum zu. Der Europarat in Straßburg, der keine Einrichtung der EU ist, erklärte, die Abstimmung entspreche nicht den internationalen Standards. Zum einen habe die Regierung das Votum zu kurzfristig angesetzt.

Die Wähler könnten sich nicht ausreichend informieren. Zum zweiten sei die Fragestellung nicht klar - ein Kritikpunkt, der auch in Brüssel immer wieder zu hören war. "Soll der Plan einer Vereinbarung, der am 25. Juni 2015 der Eurogruppe durch die Europäische Kommission, die Europäische Zentralbank und den Internationalen Währungsfonds vorgelegt wurde und der aus zwei Teilen besteht, die ihren gemeinsamen Vorschlag darstellen, angenommen werden?", heißt es auf den Stimmzetteln.

Eine Ergänzung beschreibt die beiden Texte kurz, aber wohl auch nur für Fachleute verständlich. Die Euro-Finanzminister nannten die Fragestellung am Mittwochabend sogar "irrelevant", da das Angebot nach dem Ablaufen des Hilfsprogramms gar nicht mehr gültig sei.

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