Nürburgring "Fliegt Dreyer jetzt nach Moskau?"

MAINZ · Es läuft derzeit einfach nicht gut für die Landesregierung. Die Nachricht, dass der neue starke Mann am Nürburgring nun ein russischer Oligarch und früherer Kompagnon von Roman Abramowitsch ist, dürfte die Genossen in der Staatskanzlei nicht unbedingt erfreuen.

Denn genau dieses Szenario wollte man eigentlich verhindern. Da allerdings Nürburgring-Käufer Capricorn zuletzt schwächelte, blieb wohl keine andere Wahl.

Nun hat der Milliardär Viktor Charitonin die Anteile an der Capricorn Nürburgring Besitz GmbH (CNBG) übernommen, die einmal der Capricorn-Gruppe gehört haben. Capricorn-Chef Robertino Wild hatte diese vor wenigen Wochen an einen Treuhänder übergeben. Nun ist der Russe mit zwei Dritteln Mehrheitsgesellschafter am Ring. Das restliche Drittel hält das Unternehmen GetSpeed. Wie lange noch, muss man sehen. Dem Vernehmen nach soll sich Charitonin in kleinem Kreis dahingehend geäußert haben, dass er auch die Anteile von GetSpeed übernehmen möchte. Mit Macht und Geld im Rücken dürfte das dem Oligarchen nicht schwerfallen.

Geld dürfte genügend vorhanden sein: Charitonins Unternehmen Pharmstandard ist größter Arzneimittelhersteller in Russland. Der Milliardär ist nach einem Bericht der "Wirtschaftswoche" auf Platz 1342 der reichsten Menschen der Welt, hat eine Wohnung im Londoner Luxuswohnhaus Hyde Park One, liebt Oldtimer und fährt selbst Rallyes. Dem Bericht zufolge soll er sein Vermögen über zwei Briefkastenfirmen auf Zypern verwalten.

Der Russe soll bereits im Interessenbekundungsverfahren mit dem Kauf des Nürburgrings geliebäugelt, allerdings von den Insolvenzverwaltern einen Korb bekommen haben. Jetzt, da aufgrund der Schwierigkeiten von Capricorn die Neuausschreibung des Nürburgrings drohte, soll man wieder auf den Oligarchen zugegangen sein, heißt es. Das Duo Jens Lieser, der als Sachwalter die Interessen der Gläubiger am Ring vertritt, und Thomas Schmidt, der Sanierungsgeschäftsführer ist, soll sich höchstpersönlich um den russischen Geldadel gekümmert haben. Insider sehen hier bereits den nächsten Fall für die EU-Kommission, die darüber wacht, dass das Verkaufsverfahren im Einklang mit europäischem Recht steht.

Lieser und Schmidt selbst hatten sich seinerzeit damit gebrüstet, dass "kein Oligarch und kein Scheich" unter den Nürburgring-Interessenten sei. Entsprechend ist nun auch der Spott der CDU-Opposition im Mainzer Landtag, der sich allerdings gegen Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) richtet.

So hatte Dreyer schon rasch nach dem Verkauf an Capricorn das Unternehmen besucht und sich mit dessen Chef zusammen fotografieren lassen. CDU-Fraktionsvize Alexander Licht: "Mal sehen, was Frau Dreyer nun zur neuesten Entwicklung sagt. Sie muss sich erklären. Mit Herrn Wild hat sie sich ja schnell ablichten lassen. Fliegt sie nun nach Moskau für einen Fototermin mit dem russischen Käufer?"

Ein Sprecher der Staatskanzlei sagte der Nachrichteagentur dpa, es sei eine "wichtige und gute Nachricht", dass die Verträge erfüllt würden und die fälligen Raten für dieses Jahr komplett bezahlt seien.

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