Reformen in Griechenland Euro-Finanzminister geben grünes Licht

BRÜSSEL · Ein Durchbruch ist es nicht. Die Liste der Reformen, die Athen kurz vor Mitternacht geschickt hatte und die am Morgen von Experten der Institutionen aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) per Eilverfahren geprüft worden war, bezeichnete die Eurogruppe am Dienstag lediglich als "ausreichend umfangreich" und als einen "sinnvollen Startpunkt für den erfolgreichen Abschluss" des Programms.

 Verarmte Griechen stehen in einem Vorort von Athen Schlange, um sich kostenlos Brot und Oliven zu holen. Ihnen will die Regierung unter die Arme greifen, heißt es in dem Reformpapier, allerdings nur unter der Bedingung, dass die Haushaltslage solche Hilfen überhaupt zulässt.

Verarmte Griechen stehen in einem Vorort von Athen Schlange, um sich kostenlos Brot und Oliven zu holen. Ihnen will die Regierung unter die Arme greifen, heißt es in dem Reformpapier, allerdings nur unter der Bedingung, dass die Haushaltslage solche Hilfen überhaupt zulässt.

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Damit wird das Hilfsprogramm für Griechenland zwar vorerst verlängert: Bis zu vier Monate mehr Zeit soll Athen bekommen. Schon im April fordert die Währungsgemeinschaft allerdings konkrete Maßnahmenpakete "in Abstimmung mit den Institutionen".

Kaum eine Stunde hatte die Telefonkonferenz der 19 Finanzminister der Eurozone am Nachmittag gedauert. Finanzkommissar Pierre Moscovici sprach von einer "kurzen, aber konstruktiven Diskussion". Angesichts des am kommenden Samstag auslaufenden Hilfsprogramms war für Detailfragen offenbar keine Zeit mehr. EU-Abgeordneter und Finanzexperte Markus Ferber (CSU) hält das vorgestellte Programm deshalb für "unausgegoren": "Da gibt es zu viele Luftbuchungen und zu wenig substanziell Belastbares", sagt er gegenüber dieser Zeitung.

Tatsächlich birgt die vorläufige Liste, mit der Griechenland die Verlängerung des Programms erreicht hat, wenig Greifbares. Zwar sprach Udo Bullmann (SPD), Mitglied im Wirtschafts- und Währungsausschuss, von einer "auf den ersten Blick ausgeglichenen Liste". So beinhalten die Vorschläge von Gianis Varoufakis unter anderem einen Aktionsplan gegen die Korruption und mehr Steuergerechtigkeit. Über eine Vermögenssteuer will Athen künftig auch die reichen Reeder des Landes stärker zur Kasse bitten, Steuerbetrug soll künftig erschwert werden. Doch zumindest Ferber sprach von "nicht belastbaren Zahlen" auf der Einnahmeseite. So will die griechische Regierung unter anderem gegen den Zigarettenschmuggel vorgehen - "ein europaweites Problem", so Ferber, an dessen Lösung sich schon andere Regierungen versucht hätten.

Konkreter wird Athen nur im Blick auf den aufgeblasenen Beamtenapparat - und verspricht eine Verkleinerung der Ministerien von 16 auf zehn. Zudem sollen deren Privilegien wie Dienstwagen oder Reisezuschläge beschnitten werden. Zuletzt hatte Tsipras mehrere Tausend Angestellte wieder in den Staatsdienst aufgenommen. Jetzt bekennt auch er sich zu radikalen Kürzungen. Vom ursprünglichen Kurs der Vergemeinschaftung ist man in Athen auch abgerückt - vorerst: Abgeschlossene Privatisierungen sollen zumindest nicht zurückgedreht werden. Geplante Privatisierungen wolle man allerdings auf ihren "langfristigen Nutzen" hin prüfen. Die geplanten Wohlfahrtsgeschenke an die Griechen würden nur umgesetzt, wenn sie den Haushalt "nicht negativ belasten", hieß es in dem Schreiben von Varoufakis an seine Amtskollegen.

Experten bezeichnen die einzelnen Maßnahmen in der Reformliste angesichts solcher wenig greifbaren Formulierungen als "denkbar schwammig" - so auch der Vorstand des Centrums für Europäische Politik, Lüder Gerken. Er fürchtet, dass "am Ende wieder ein typischer fauler Formelkompromiss" drohe.

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