Internet-Kommentare Blick in die Petersburger "Troll-Fabrik"

MOSKAU · Wie geht es zu in einer Propaganda-Werkstatt? Auf diese Frage könnte ein in dieser Woche beginnender Prozess einige Antworten liefern: Ljudmila Sawtschuk, Ex-Mitarbeiterin einer Petersburger Firma, die im Kreml-Auftrag Zeitungsforen mit Kommentaren zubombt, hat gegen ihren früheren Arbeitgeber Anzeige erstattet.

 Ljudmila Sawtschuk an ihrem Laptop in Sankt Petersburg.

Ljudmila Sawtschuk an ihrem Laptop in Sankt Petersburg.

Foto: AFP

Vordergründig geht es um das Arbeitsrecht. Sawtschuks Anwältin Darja Suchich will beim Prozess aber auch "die geheime Organisation an die Öffentlichkeit ziehen". Papiere sollen während der Verhandlung das Ausmaß der "Troll-Fabrik" dokumentieren.

Das Unternehmen beschäftigte Ende 2013 laut einem Zeitungsbericht etwa 400 Angestellte, nach einem Umzug und der zuletzt verstärkten ideologischen Auseinandersetzung mit dem Westen sind es wohl deutlich mehr. Ihr Job besteht laut Sawtschuk darin, unter verschiedenen Accounts täglich Hunderte Kommentare in Online-Foren und auf Nachrichtenseiten zu hinterlassen. Hauptthema ist der Konflikt in der Ukraine. Ihre Hauptthesen, die sie zu verbreiten hatte, seien "Putin ist Klasse", "Ukrainer sind Faschisten" und "Europa steht vor dem Untergang", erzählte Sawtschuk.

Das Gehalt - umgerechnet 750 Euro - sei für Petersburger Verhältnisse verlockend, doch der Druck gewaltig gewesen, sagte sie. Sawtschuk stieg aus. Nun will sie die Verstrickungen ihrer Ex-Firma publik machen. "Die Troll-Fabrik funktioniert über sehr merkwürdige Schemen, aber alle diese Firmen sind miteinander verbunden", erklärt sie das Netzwerk der Propagandamaschine.

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