Climate Change Performance Index Beim Klimaschutz ist Deutschland nur noch Mittelmaß

BONN · Deutschland ist in seiner Rolle als Klimaschützer im Vergleich merklich zurückgefallen. Zu diesem Ergebnis kommen die Autoren des Climate Change Performance Index (CCPI), die ihre Ergebnisse für den Index 2018 am Mittwoch auf der Weltklimakonferenz präsentierten.

Im Vergleich zu 56 anderen Staaten, deren Daten ausreichend vergleichbar und valide waren, landet die Bundesrepublik auf einem bescheidenen 22. Platz hinter der Ukraine und der Gesamt-EU.

„Es wird insgesamt noch viel zu wenig getan, um das 2015 in Paris vereinbarte Zwei-Grad-Ziel noch zu erreichen“, betonte Co-Autor Stephan Singer im Gespräch mit dem General-Anzeiger. Singer ist beim Climate Action Network, einem Zusammenschluss internationaler Nichtregierungsorganisationen, für das Monitoring erneuerbarer Energien zuständig. Aus Protest seien die ersten drei Plätze im Ranking deshalb leer geblieben. Singer führt an, allein 2017 werde noch immer doppelt so viel Geld in die Nutzung fossiler Energieträger investiert, wie in erneuerbare Energien. Allerdings stieg der Einsatz für klimaneutrale Energie auf 540 Milliarden US-Dollar.

Selbst Spitzenreiter Schweden auf Rang vier überzeugt die Autoren der Studie noch nicht. Zwar hätten der hohe Anteil Erneuerbarer und forcierte Wiederaufforstung die Treibhausgasemissionen gesenkt. Das Zwei-Grad-Ziel werde aber selbst damit für den CO2-Anteil Schwedens klar verfehlt. Als „high performer“ landete nach Litauen Marokko auf Platz sechs. Hier sei in den vergangenen fünf Jahren nicht nur extrem viel Solarkraft zugebaut worden. Auch die Ziele für den Energieverbrauch seien ambitioniert. Norwegen dagegen auf dem siebten Rang nutze zwar selbst überwiegend Wasserkraft und andere Erneuerbare, exportiere aber weiterhin staatlich subventioniert viel Erdöl und Gas und heize damit andernorts den Klimawandel an.

USA im "freien Fall"

Im hinteren Feld gibt es durchaus Überraschungen. China, das in Bonn mit ambitionierten politischen Forderungen auffällt, verfehle als größter Treibhausgas-Emittent weltweit bei seinen eigenen Zielen bis 2030 das Zwei-Grad-Ziel klar und kam auf Rang 41. „Hier klaffen Wunsch und Wirklichkeit noch weit auseinander“, sagte Experte Singer, der vor allem den verhältnismäßig geringen Zubau Erneuerbarer Energien kritisierte.

Die USA sehen die Studienautoren mit der Kündigung des Paris-Abkommens und des Clean-Power-Plans von Ex-Präsident Barack Obama „im freien Fall“ und setzten sie darum auf Platz 56. Immerhin gäben die Bemühungen einzelner Städte und Bundesstaaten Anlass zur Hoffnung auf eine spätere Rückkehr an den Tisch der Klimaschützer. Südkorea, Iran und Saudi-Arabien sind Schlusslichter im Klimaschutz.

Trotz dieser insgesamt ernüchternden Bilanz gibt es aus Sicht der Autoren Hoffnungsschimmer. Von 2014 bis 2016 stieg der globale CO2-Ausstoß erstmals seit Beginn der Industriellen Revolution auch in einer wirtschaftlichen Aufschwungphase nicht mehr an, obgleich der Energiehunger jährlich um 1,8 Prozent wuchs. 2016 habe es sogar erstmals seit den 1980er-Jahren eine Verringerung aller Treibhausgase gegeben. 2017 dürften sie aber nach Prognosen des Global Carbon Project wieder um zwei Prozent anwachsen.

Sinkender Kohleverbrauch

Vor allem von der Kohle ist womöglich eine Abkehr im Gange. Trotz fallender Preise sei der Verbrauch 2016 im Vergleich zum Vorjahr weltweit um 1,7 Prozent gesunken, „während Wind und Sonnenkraft von Jahr zu Jahr wettbewerbsfähiger werden“, so die Autoren.

In Deutschland hat dieser Trend noch keine politischen Folgen gezeitigt. Sollten sich die Jamaika-Partner in den kommenden Wochen in Berlin wider Erwarten auf einen strikten Ausstieg aus der Kohleverstromung bis zum Jahr 2030 einigen, würde die Bundesrepublik damit allerdings noch lange nicht auf einen der Spitzenplätze im Klimaschutz zurückkehren, so Singer. „Wir würden vielleicht zehn Ränge aufsteigen. „Aber auch in den anderen Sektoren – beim Verkehr, in der Industrie und bei Gebäuden – sind wir meilenweit von unseren Zielen entfernt“, bedauert der Experte.

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