NRW-Landtagswahl: Kandidaten im Porträt Armin Laschets Vision für das Land

CDU-Spitzenkandidat Armin Laschet will NRW-Ministerpräsident werden. Seine Vision für das Land wird vom Freistaat Bayern bestimmt. Wir stellen ihn im Portrait vor.

Bayern. Immer wieder Bayern. Für Armin Laschet ist der Freistaat Benchmark, das Vorbild für das Land, dessen Ministerpräsident er werden will. Immer wieder führt der Spitzenkandidat der NRW-CDU in Reden den Freistaat als Orientierungsmarke an, als Spiegel der Verhältnisse in Nordrhein-Westfalen. Zum Beispiel beim Thema Sicherheit, das von den Bürgern regelmäßig angesprochen werde, sobald er sich mit ihnen unterhalte, sagt Laschet.

„144 Einbrüche gibt es jeden Tag in Nordrhein-Westfalen, in Bayern gibt es nur ein Fünftel davon“, ruft der Herausforderer von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft an diesem Nachmittag in den Saal der Stadthalle von Beverungen an der Weser. „Warum müssen wir bei den Sicherheitsstandards in NRW immer das niedrigste Niveau haben?“

Früh hat die größte Oppositionspartei in NRW das Sicherheitsthema als weiche Flanke der Landesregierung ausgemacht. Die immer noch hohen Einbruchszahlen, die Kölner Silvesternacht, der Weihnachtsmarkt-Attentäter Anis Amri, dessen Kreise an Rhein und Ruhr nicht entscheidend gestört wurden, der angeschlagene Innenminister Ralf Jäger. „Die Kölner Silvesternacht wäre am Münchner Hauptbahnhof nicht passiert“, meint Laschet. Reihenweise unterstützt CSU-Spitzenpersonal den Unionsmann: Parteichef Horst Seehofer, Bayerns Innenminister Joachim Herrmann, Parteigrande Edmund Stoiber.

Der Wahlkampf führt den CDU-Spitzenkandidaten an diesem Tag gen Osten. Soest, Bad Sassendorf, Bad Lippspringe, Beverungen. Vom heimatlichen Aachen aus kann sich Laschet in NRW nicht weiter entfernen, auch was die Mentalität angeht. Von der Landeshauptstadt Düsseldorf vergessen fühlen sich die Menschen hier in Westfalen-Lippe, zurückgesetzt gegenüber den Metropolen an Rhein und Ruhr. Von „Restfalen“ ist die Rede.

Für die CDU ist das landwirtschaftlich geprägte Gebiet Kernland, Landräte und Oberkreisdirektoren des Landkreises Höxter zum Beispiel kamen immer aus den Reihen der Union. Im Kreistag verfügt die CDU über die absolute Mehrheit. Heimspiel für Laschet und Bundeskanzlerin Angela Merkel, die ihm an diesem Donnerstagnachmittag in Beverungen beispringt. Der letzte Kanzler, der sich in der Gegend blicken ließ, war Ludwig Erhard in den 60er Jahren. Die Mission, die Kanzlerin und Spitzenkandidat in die dünn besiedelte Gegend verschlägt, heißt Mobilisierung.

Nur wenn die eigenen Anhänger zur Urne gehen, wenn die CDU ihr Wählerpotenzial hebt, dann hat Laschet eine Chance gegen Kraft. Auch wenn die Union in den Umfragen zuletzt aufholte: Bei einer Direktwahl würde die Regierungschefin Laschet wohl haushoch schlagen.

Die Kanzlerin hat also guten Grund, die Zuhörer in Beverungen zur Wahlteilnahme aufzufordern: „Sie stimmen über ihr eigenes Leben ab. Sie haben die Möglichkeit, die Weichen zu stellen.“ Merkel und Laschet reisen im Anschluss weiter ins westfälische Oelde, ein weiterer Wahlkampfauftritt. Merkel hat noch eine Motivation, sich im bevölkerungsreichsten Bundesland überdurchschnittlich zu engagieren: Für die Bundestagswahl im Herbst ist NRW der letzte und wichtigste Test. Ihrem eigenen Wahlkampf könnte ein gutes Ergebnis an Rhein, Ruhr und Weser entscheidenden Schwung verleihen. Zudem nutzt sie die Möglichkeit zu testen, wie Themen und Formulierungen beim Publikum ankommen.

Für Laschet steht der Wahltag unmittelbar bevor, seine Kampagne dreht sich um drei Themen: Neben der Sicherheit die wirtschaftliche Entwicklung und die Bildung. Auf allen drei Feldern fällt die Bilanz der rot-grünen Landesregierung durchwachsen aus, bestenfalls. Das Problem des Kraft-Kontrahenten: Keiner der Bereiche zählt zu den Themen, mit denen er sich in der Vergangenheit inhaltlich profiliert hat.

Als kompromissloser Verfechter von Recht und Ordnung ist der ehemalige Minister für Generationen, Familie, Frauen und Integration im Kabinett von Jürgen Rüttgers (2005 bis 2010) fehlbesetzt. Auf dieses Manko hat er allerdings clever reagiert und sich mit dem Bergisch Gladbacher Wolfgang Bosbach einen landesweit bekannten Fachmann an die Seite geholt. Der Hinweis auf Bosbach und seine Kommission fehlt seitdem in keiner seiner Wahlreden.

Auch als Wirtschaftspolitiker hat sich Laschet bislang nicht besonders profiliert. Trotzdem kann er vor Zuhörern wie den Vertretern der CDU-Mittelstandsvereinigung in Bad Lippspringe punkten, wenn er gegen rot-grünen Bürokratismus und Regelungswut wettert, gegen Hygieneampel und Landesentwicklungsplan, lahme Netze und verstopfte Verkehrswege: „Ich habe den Eindruck, die Landesregierung beschäftigt sich mehr mit der Frage, wie der Wolf von Ostwestfalen an den Rhein kommt, als damit, wie Güter dorthin gelangen.“

Nach den Einbrüchen in den Umfragewerten, die die Ernennung von Martin Schulz als SPD-Kanzlerkandidat für die NRW-CDU verursachte, haben Laschet und seine Partei aufgeholt. „Wir wollen stärkste Partei werden“, beschwört der Spitzenkandidat Sympathisanten und Parteifreunde. Die Marathontage im Wahlkampf machen ihm nichts aus: „Das ist wie im Karneval. Wenn et Trömmelche jeht...“ Ungezählte Tassen Kaffee und ein paar Pausenzigarillos helfen, am Wochenende Sportschau und Tatort.

Apropos Schulz: Laschet und der SPD-Kanzlerkandidat kennen sich seit Langem, aus dem Europaparlament, aus der Aachener Region. Er komme „aus Aachen bei Würselen“, sagt Laschet ironisch, wenn er sich vorstellt. In Würselen war Schulz einst Bürgermeister. Er schätze den SPD-Mann und habe als Kuratoriumsmitglied dafür gestimmt, dass ihm 2015 der Karlspreis verliehen wurde, erzählt Laschet.

Nur ob Schulz mit der Kanzlerkandidatur nicht zu hoch gegriffen habe? Armin Laschet lässt die eigene Frage unbeantwortet. Klarheit, ob es ihm selbst gelingt, Hannelore Kraft als Ministerpräsidentin abzulösen, wird der CDU-Kandidat in vier Tagen haben.

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