Kommentar zur erhofften Feuerpause in Syrien Umkämpfter Plan

Meinung · Eine Feuerpause in Syrien könnte der erste Schritt auf dem Weg zum Frieden in dem Bürgerkriegsland sein. Doch noch steht sie nur auf dem Papier.

 Im dem seit fast fünf Jahren tobenden Bürgerkrieg gab es bislang nur geografisch sehr begrenzte Feuerpausen, aber keine Waffenruhe im ganzen Land.

Im dem seit fast fünf Jahren tobenden Bürgerkrieg gab es bislang nur geografisch sehr begrenzte Feuerpausen, aber keine Waffenruhe im ganzen Land.

Foto: Uygar Onder Simsek

Ein Funken Hoffnung für Syrien. Nach fünf Jahren Bürgerkrieg ist die Chance da, die Kämpfe an vielen Fronten zumindest so lange zu unterbrechen, dass vielleicht ein international gestützter Friedensprozess daraus werden kann. Denn bis zu einem selbsttragenden Frieden ist es in Syrien noch ein sehr weiter Weg.

Was die 20 Mitglieder der Syrien-Kontaktgruppe in München erreicht haben, ist zunächst eine Waffenruhe auf dem Papier. Was die 17 Staaten und die drei internationalen Organisationen (UN, EU und Arabische Liga) erreichen wollen, ist eine Waffenruhe auf dem Boden der Wirklichkeit.

Dieses Ergebnis einer Waffenruhe ist nur möglich geworden, weil Russland und die USA gemeinsam die Initiative ergriffen haben. Außerdem saßen mit Iran, der an der Seite Russlands das Regime von Machthaber Baschar al-Assad stützt, und mit Saudi-Arabien, das auf der Seite des Westens steht, zwei bedeutende Regionalmächte mit am Tisch.

Doch Russland ist ein gewiefter Spezialist in Sachen Waffenruhe. In der Ukraine haben prorussische Separatisten in diesem hybriden Krieg Moskaus gegen die Regierung in Kiew erst Tatsachen auf dem Feld geschaffen, bevor sie unter Vermittlung von Präsident Wladimir Putin einer Friedensvereinbarung in Minsk zustimmten.

Im syrischen Aleppo haben russische Kampfjets nach ähnlichem Muster militärisch Fakten zugunsten Assads herbeigebombt und die Freie Syrische Armee in die Defensive getrieben. Erst Offensive auf dem Schlachtfeld, dann Gespräche über Waffenruhe und humanitäre Zugänge für die eingeschlossene Bevölkerung in Aleppo und anderswo. Wenn die Feuerpause in Syrien so praktiziert wird wie in der Ostukraine, dann wird bei der sehr viel komplizierteren Gemengelage in Syrien der Krieg bald weiter gehen.

Jetzt also ein Verhandlungsergebnis, das vielleicht eine Auszeit vom Krieg für die geschundene Bevölkerung bringt. Und damit auch einen Schub, die abgebrochenen politischen Gespräche wieder in Gang zu bringen. Denn auch dieser Krieg zeigt: Am Ende kann nur eine politische Lösung stehen.

260.000 Tote und insgesamt mehr als neun Millionen Flüchtlinge haben den Druck auf die Staatengemeinschaft und vor allem auf Europa erhöht. Bundeskanzlerin Angela Merkel ist unter diesen Vorzeichen bereit, die Türkei mit mehreren diplomatischen Initiativen tatsächlich auf die Stufe eines privilegierten Partners, jedenfalls in dieser Frage, zu heben, wenn die Regierung in Ankara nur bereit ist, Flüchtlinge nicht weiter nach Europa durchzuwinken.

Nicht zu vergessen: Frieden in Syrien hieße auch, die Gefahr durch die Terrormiliz Islamischer Staat einzudämmen. Die Angriffe russischer Kampfjets auf Stellungen der syrischen Opposition spielen dem IS nur in die Karten. Putin schwächt die Gegner des Regimes, weil dies Assad im Falle möglicher Friedensgesprächen hilft. Der IS kann zuschauen. Das ist zynisch.

Doch die Gesprächspartner kann man sich in diesem Krieg schon lange nicht mehr aussuchen. Das Land ist zerstört, die Gesellschaft zerrissen, der Staat in Agonie. Aber Assad regiert weiter, weil der Tag, an dem Putin ihn fallen lässt, erst noch kommen wird.

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