Drama in zwei Akten Madrid beschließt Absetzung der katalanischen Regierung

Barcelona · Die spanische Zentralregierung geht hart gegen die abtrünnige Regierung in Katalonien vor. Puigdemont und Co werden abgesetzt. Am 21. Dezember gibt es Neuwahlen.

Es war ein schwarzer Tag für die spanische Region Katalonien. Ein Freitag, an dem in Madrid und Barcelona Entscheidungen getroffen wurden, die den katalanischen Unabhängigkeitskonflikt weiter anheizen dürften. „Katalonien driftet ab“, titelte pessimistisch „La Vanguardia“, die größte Zeitung der Region, und warnte davor, dass der katalanischen Gesellschaft stürmische Zeiten bevorstehen.

Der erste einschneidende Akt im katalanischen Drama fand am Freitagnachmittag im Regionalparlament in Barcelona statt. Dort beschloss die Separatistenmehrheit per Resolution die einseitige Abspaltung Kataloniens von Spanien. Eine Resolution, in deren Vorwort es heißt: „Wir konstituieren die katalanische Republik als unabhängigen, souveränen, demokratischen und sozialen Staat.“ Mit der Erklärung wurde zudem der „verfassungsgebende Prozess“ für diese Republikgründung gestartet und ein Gesetz aktiviert, das die Übernahme aller spanischen Kompetenzen in Katalonien regelt.

Die Separatisten halten im katalanischen Parlament mit 72 von insgesamt 135 Mandaten die knappe absolute Mehrheit, die sie vor zwei Jahren mit 47,8 Prozent der Wählerstimmen errangen. Die Abspaltungsresolution wurde nun mit 70 Ja-Stimmen verabschiedet, zwei Abgeordnete enthielten sich und zehn gaben einen leeren Stimmzettel ab. Die Abgeordneten der drei prospanischen Parteien – Konservative, Sozialisten und Liberale – hatten vor der Abstimmung den Saal aus Protest verlassen.

Draußen vor den Toren des Katalanen-Parlaments jubelten nach der Abstimmung Tausende Unabhängigkeitsbefürworter. Viele gelb-rot gestreifte Fahnen mit dem Unabhängigkeitsstern wehten. Sprechchöre mit dem Ruf „Keinen Schritt zurück“ kamen auf. Im Parlament wie auf der Straße wurde die katalanische Hymne angestimmt.

Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy rief unmittelbar nach der Verabschiedung der Separatistenresolution die Bevölkerung in Katalonien wie in ganz Spanien zur Ruhe auf. Die Regierung werde die rechtmäßige Ordnung in Katalonien „umgehend wiederherstellen“. Dies sei ein „schwarzer Tag“ für die Demokratie, sagte ein Sprecher Rajoys. Größere konkrete Auswirkungen dürfte diese gegen spanisches Recht verstoßende Abspaltungsresolution aber nicht haben. Spaniens Verfassungsgericht, das bereits frühere Unabhängigkeitsbeschlüsse annullierte, wird auch diesen rebellischen Akt umgehend für nichtig erklären. Auch das Referendum am 1. Oktober war von den Richtern suspendiert worden. Trotzdem fand es statt: Bei der illegalen Abstimmung hatten 90 Prozent mit Ja gestimmt, aber nur 43 Prozent mitgemacht.

Spaniens Verfassung erlaubt keine Abspaltung einer Region vom Königreich. Sowohl die spanische Regierung als auch die Europäische Union hatten in den vergangenen Tagen bekräftigt, dass eine Unabhängigkeitserklärung nicht anerkannt werde und allen rechtlichen wie demokratischen Grundsätzen widerspreche.

Es war zudem die letzte verfassungsfeindliche Entscheidung des katalanischen Parlamentes. Kurz nach dem neuen Akt des Ungehorsams billigte Spaniens Senat, das parlamentarische Oberhaus, Zwangsmaßnahmen gegen Kataloniens Rebellenführung. Die Senatoren der in Spanien regierenden konservativen Partei, der oppositionellen Sozialisten und der liberalen Partei Ciudadanos stimmten dafür – diese Parteien halten 80 Prozent der Senatssitze.

Der zweite dramatische Akt an diesem Freitag war die Ankündigung Rajoys am Abend, dass die Antwort der spanischen Regierung auf die Provokation des katalanischen Parlaments noch konsequenter ausfiel, als ursprünglich angekündigt: Der Eingreifplan, mit dem die Region zur Normalität zurückgeführt werden soll, sieht im Kern vier Schritte vor: Die sofortige Absetzung der ungehorsamen Regionalregierung in Barcelona. Die Überwachung der katalanischen Verwaltung und der autonomen katalanischen Polizei durch Spaniens Regierung. Die sofortige Auflösung des katalanischen Parlaments. Und die Ansetzung von Neuwahlen in Katalonien, die schon am 21. Dezember stattfinden sollen.

Diese Intervention in die Autonomierechte hatte Spaniens Regierung beantragt, nachdem Kataloniens Ministerpräsident Carles Puigdemont zwei Ultimaten hatte verstreichen lassen. Madrid hatte ihn aufgefordert, seine unilaterale Unabhängigkeitsfahrt zu stoppen. Darauf war er nicht eingegangen.

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