Der Klimawandel und seine Folgen Insulaner im Pazifik kämpfen um ihre Heimat

Bonn · Auf den Inseln im Pazifik macht sich der Klimawandel besonders stark bemerkbar. Das Land schwindet und die Nahrung wird knapp. Die Bewohner kämpfen um ihre Heimat.

 Land unter: Der Klimawandel sorgt dafür, dass viel Lebensraum auf den pazifischen Inseln verloren geht, wie hier auf Fidschi.

Land unter: Der Klimawandel sorgt dafür, dass viel Lebensraum auf den pazifischen Inseln verloren geht, wie hier auf Fidschi.

Foto: GIZ

Weißer Sand, türkis schimmerndes Wasser, saftig grüne Palmen: Die Heimat von Kaboua John hat etwas Paradiesisches. Der 28-Jährige lebt auf dem Korallenatoll Abaiang, das zu Kiribati gehört und im westlich zentralen Pazifik liegt. Das Atoll besteht aus elf kleinen Inseln, die eine kreisförmige Lagune umschließen.

John liebt diesen Ort, an dem er groß geworden ist. Doch klingt er in diesen Tagen sorgenvoll – fast schon wehmütig: Wenn er auf Abaiang sei, könne er, egal wohin er schaut, das Meer sehen. So schmal seien die Inseln, sagt John. Doch es habe sich etwas verändert: „Das Meer steigt immer weiter an. Wir müssen mit ansehen, wie das Wasser uns unseren Lebensraum wegnimmt.“ Die Menschen auf Abaiang hätten lange Zeit nichts über den Klimawandel gewusst, erklärt John. „Jetzt spüren wir, dass es ihn gibt. Er ist unübersehbar.“

Auch Eddy Maliliu aus Vanuatu weiß, von den Auswirkungen des Klimawandels zu berichten. Durch die steigenden Temperaturen seien viele Korallenriffe im Pazifik abgestorben. Für die Insulaner stellt das ein enormes Problem dar: „Wir suchen den ganzen Tag nach Fischen – ohne welche zu finden“, berichtet Maliliu. Der 27-Jährige fragt sich mittlerweile, wie lange er wohl noch auf Vanuatu leben kann. Die Nahrung auf der Insel wird zunehmend knapper. Die vielleicht letzte Hoffnung könnte ein Ausbau der Landwirtschaft sein. Doch das dafür nötige Know-how ist keinesfalls überall vorhanden.

Um das zu ändern, hat die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) sowie der Europäischen Union ein Klimaanpassungsprogramm für die pazifischen Inseln gestartet. Dessen Leiter Wulf Killmann lebt nun seit sieben Jahren auf Fidschi und hat die Probleme der Menschen dort kennengelernt: „Wir beobachten derzeit einen Anstieg des Meeresspiegels von sechs bis sieben Millimetern pro Jahr“, sagt Killmann. Das führe zu einer zunehmenden Versalzung der Böden. Zusätzlich sorgen heftige Regenfälle und steigende Temperaturen dafür, dass viele Gemüsesorten, die früher auf den Inseln angebaut wurden, nun nicht mehr gedeihen.

„Wir helfen den Menschen, sich anzupassen, indem wir ihnen Gemüsearten zeigen, die mit den neuen Wetterverhältnissen besser zurechtkommen“, so Killmann. Weitere Maßnahmen seien der Anbau von Mangroven zum Schutz der Küsten sowie das Anlegen künstlicher Riffe. Dass es so weit kommen musste, ist für John aus Abaiang bis heute unbegreiflich.

"Das ist einfach nicht fair. Wir können nichts für den Klimawandel. Auf meiner Heimatinsel haben wir gerade einmal drei Autos. Trotzdem sind wir am stärksten betroffen“, ärgert er sich. Es gebe mittlerweile sogar detaillierte Migrationspläne, doch eine Umsiedlung müsse dringend verhindert werden, weil viele ihre Identität verlieren würden. John will Abaiang auch künftig nicht verlassen: „Wir wollen nicht weg, wollen nirgendwo anders hin. Wir wollen unsere Heimat und unsere Traditionen nicht aufgeben.“

Gleiches gilt für Maliliu, obwohl er mittlerweile seine Zweifel hat, ob er bis zu seinem Tod in Vanuatu leben wird: „Ich frage mich die ganze Zeit, was passiert, wenn wir unsere letzten Ressourcen verlieren. Wir würden alles verlieren.“ Die Wetterextreme nehmen weiter zu und die Bewohner der pazifischen Inseln haben keine Möglichkeit, vor ihnen zu fliehen, sagt Maliliu.

Bislang hätten sie nach jedem Sturm, jeder Überschwemmung ihr Zuhause wieder aufgebaut, doch diese Option werde irgendwann schwinden: „Mit den Bäumen und den Blättern der Palmen errichten wir unsere Häuser. Die Stürme werden heftiger. Bald haben wir nichts mehr, um die Hütten wieder aufzubauen“, befürchtet Maliliu.

Das könne in zehn bis 20 Jahren bereits der Fall sein. „Im März 2015 hat ein Zyklon der Kategorie fünf fast alles auf unserer Heimatinsel zerstört – Familien haben ihr zu Hause verloren“, erinnert sich Maliliu. „Wir mussten bei null anfangen.“ Doch eines zeige ihm, dass der Kampf gegen den Klimawandel noch nicht verloren sei: „Noch bauen wir die Häuser wieder auf.“ Es gibt noch Hoffnung.

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