Kommentar zur britischen Brexit-Strategie Zeitvergeudung

Meinung · Die britischen Positionspapiere erwecken den Anschein, das Land wolle sich alle Vorteile erhalten, sich aber von allen Pflichten befreien. Ein hoffnungsloses Unterfangen, kommentiert GA-Korrespondentin Mirjam Moll.

 EU-Chefunterhändler Michel Barnier.

EU-Chefunterhändler Michel Barnier.

Foto: AP

Kaum vorstellbar, dass die EU-Länder in gut einem Jahr bereits damit beginnen sollen, den Austrittsvertrag zwischen Großbritannien und der Gemeinschaft zu ratifizieren. Denn nur so bleibt genug Zeit, um den Prozess rechtzeitig bis zum 29. März 2019 abzuschließen.

Die Positionspapiere aus der Downing Street bleiben nichtsdestotrotz vage; den im Juli bereits anerkannten Grundsatz, dass es finanzielle Verpflichtungen zu erfüllen gilt, zog Brexit-Minister David Davis teilweise wieder zurück. Dabei geht es nicht ums Feilschen – sondern um rechtlich verbindliche Verpflichtungen über Hilfsgelder, Investitionen, Projekte bis hin zu Rentenbezügen für EU-Beamte, die die Gemeinschaft der 28 eingegangen ist.

Dennoch scheint das Vereinigte Königreich dem Glauben anzuhängen, sich nicht nur in der Kostenfrage, sondern auch bei anderen Punkten glänzend aus der Affäre ziehen zu können. Dabei müsste der Regierung von Theresa May eigentlich klar sein, was sie selbst zu Beginn der Verhandlungen sagte – die vier Grundfreiheiten des Binnenmarkts, also der freie Verkehr von Waren, Dienstleistungen, Kapital und Personen, sind untrennbar.

Zutritt zum EU-Binnenmarkt gibt es nur für diejenigen, die dies akzeptieren – und ihren Beitrag leisten, wie etwa Norwegen. Die britischen Positionspapiere erwecken hingegen den Anschein, das Land wolle sich alle Vorteile erhalten, sich aber von allen Pflichten befreien. Ein hoffnungsloses Unterfangen. Denn die EU kann und wird darauf nicht eingehen. Schlicht und ergreifend, weil ein Drittstaat nicht bessergestellt sein kann als ein Mitgliedsland.

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