Rentenerhöhung Rosige Aussichten für Ruheständler

Berlin · Eigentlich läuft es mit der Rentenerhöhung so: Im Herbst setzen sich die Experten der Rentenkassen, des Arbeitsministeriums sowie des Bundesversicherungsamtes zusammen und machen einen Kassensturz.

Sie bilanzieren, wie die Beiträge seit Anfang des Jahres gelaufen sind, und schätzen, wie die Finanzlage Ende des Jahres ist. Erst nach dieser Rentenschätzung lässt sich halbwegs seriös voraussagen, um wie viel Prozentpunkte die Altersbezüge von 20 Millionen Rentnern im darauffolgenden Juli wohl in etwa steigen werden. Die Rentenversicherung lädt jedes Jahr wenige Tage nach dem Kassensturz Journalisten ein und veröffentlicht mit aller Vorsicht eine Schätzung zur voraussichtlichen Rentenanpassung. Eine Boulevard-Zeitung schreibt dann stets so etwas wie: "Die Rentenversicherung verspricht x,y Prozent mehr Rente."

Streng genommen stimmt das aber nicht: Die Rentenversicherung ist eine Behörde und stets sehr vorsichtig, im Herbst schätzt die Behörde nur. Versprochen wird nichts. Zu Recht: Denn erst im Frühjahr liegen alle Daten vor, die nötig sind, um die Rentenanpassung bis auf die zweite Stelle nach dem Komma festzulegen.

Irgendwann im März kommt dann die verbindliche Mitteilung aus dem Arbeitsministerium, ob es mehr Geld für die Alten gibt und wenn ja, wie viel. Nicht selten übrigens gab es Abweichungen zwischen der Schätzung im Herbst und der amtlichen Ansage im Frühjahr - und zwar nach oben und nach unten.

Nur in diesem Jahr wurde dieses Ritual nicht eingehalten. Noch vor dem Kassensturz der Rentenexperten wurde von einem Insider ein Wert an eine Zeitung unter der Hand weitergeben. Die Rentenschätzer treffen sich in diesem Jahr erst am 20. Oktober. Und schon jetzt heißt es aber prophetisch, im Juli 2016 stiegen die Renten um 4,35 Prozent im Westen und um 5,03 Prozent im Osten.

Wenn es so käme, wären es traumhafte Aussichten für die Ruheständler. Seit Anfang der 90er Jahre stiegen ihre Bezüge nicht mehr in diesem Maße. Da will kaum jemand mehr die zurückhaltenden Töne hören, die von offizieller Seite folgen. Die Rentenversicherung sagt: "Wie hoch die Rentenanpassung ausfallen wird, können wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen." Der Geist einer Vier-Prozent-Anhebung war aus der Flasche und ließ sich nicht wieder einfangen.

Tatsache ist, dass es Indizien dafür gibt, dass der Zuschlag für Rentner 2016 besonders üppig ausfallen könnte. Zum einen sind da die gute Konjunktur und die Lage am Arbeitsmarkt. Wenn mehr Menschen Arbeit haben und Beiträge in die Rentenkasse einzahlen, haben auch die Ruheständler etwas davon. Wenn also statistisch auf jeden Rentner mehr Beitragszahler kommen, wirkt dies rentensteigernd. Hinzu kommt: Auch wenn der Rentenbeitrag sinkt, sieht die Rentenformel eine Rentensteigerung vor.

Der Beitrag, den Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam aufbringen, ist Anfang des Jahres um 0,2 Prozentpunkte gesenkt worden. Schon jetzt ist damit absehbar, dass die Rentenanpassung um etwa 0,2 Prozentpunkte höher ausfallen wird als ohne Beitragssatzsenkung.

Und nun wird es kompliziert: Der mit Abstand wichtigste Wert für die Ermittlung der Rentenanpassung ist die Entwicklung der Löhne der Beitragszahler. Konkreter: Es geht um die Löhne bis zur sogenannten Beitragsbemessungsgrenze (derzeit 72 600 Euro im Jahr), auf die Rentenbeiträge erhoben werden. Nun wurden die statistischen Methoden, um die Summe der beitragsrelevanten Löhne zu messen, 2014 geändert.

So etwas kommt im Zusammenhang mit volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen immer wieder einmal vor. Und diese Veränderung der statistischen Erfassungsmethode wirkt sich zwei Jahre hintereinander auf die Höhe der Rentenanpassung aus: Bei der letzten Anpassung im Juli hat die Veränderung sich negativ ausgewirkt. Das heißt: Ohne die Veränderung hätten die Rentner einen höheren Zuschlag bekommen als die 2,08 Prozent.

Im nächsten Jahr wirkt sich dafür die Änderung positiv aus. Experten gehen davon aus, dass der statistische Sondereffekt den Rentnern 2016 einen Zuschlag um etwa einen ganzen Prozentpunkt beschert. Daher spricht einiges dafür, dass tatsächlich im März eine Vier vor dem Komma steht, wenn die Rentenanpassung endgültig feststeht.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort