Pessimismus vor neuen Nahost-Verhandlungen

Gaza/Tel Aviv · Israel und die Palästinenser haben sich kurz vor der Aufnahme neuer Verhandlungen pessimistisch über die Erfolgsaussichten geäußert.

Eine dauerhafte Waffenruhe mit der radikal-islamischen Hamas im Gazastreifen sei "noch nicht in Sicht", sagte ein hochrangiger israelischer Regierungsvertreter im Radio. Hamas-Sprecher Osama Hamdan wurde im israelischen Rundfunk mit den Worten zitiert: "Israel hat zwei Möglichkeiten: Unseren Forderungen zustimmen oder sich auf einen Abnutzungskrieg vorzubereiten." Beide Seiten wollten ihre indirekten Gespräche an diesem Sonntag in Kairo fortsetzen. Die humanitäre Lage der Menschen im Gazastreifen ist weiterhin katastrophal.

Israel und die Hamas hatten am Mittwoch eine neue fünftägige Waffenruhe vereinbart. Eine langfristige Waffenruhe werde es aber nur geben, wenn damit "Israels gesamte Sicherheitsinteressen garantiert" würden, sagte der Regierungsbeamte in Jerusalem. Israel fordert eine Entwaffnung der Hamas und anderer militanter Gruppen im Gazastreifen. Die Hamas lehnt das ab, verlangt ihrerseits ein Ende der Blockade des Küstenstreifens und will die Freilassung von Gefangenen durchsetzen.

Ägyptische und palästinensische Medien veröffentlichten den Entwurf eines Fahrplans für eine langfristige Feuerpause. Er stamme von den ägyptischen Vermittlern. Demnach soll Israel den palästinensischen Fischern künftig erlauben, weiter als bisher zum Fischen aufs Mittelmeer hinauszufahren. Eine 300 Meter breite Sperrzone auf palästinensischer Seite des Grenzzaunes zu Israel, die Palästinenser nicht betreten dürfen, solle schrittweise verkleinert und zum Beginn des nächsten Jahres komplett aufgehoben werden. Über die Freilassung palästinensischer Gefangener sowie die Übergabe der Leichen zweier israelischer Soldaten solle später verhandelt werden.

Die Hamas müsse sich im Gegenzug verpflichten, ihre Tunnelaktivitäten einzustellen. Israel hat während des jüngsten Gaza-Krieges mehrere Dutzend dieser Tunnel zerstört. Die Bedrohung durch Hamas-Kämpfer, die durch die Tunnel in Israel eindringen könnten, galt als ein Auslöser der Bodenoffensive im Gazastreifen.

Auch die Menschen im Gazastreifen rechnen offenbar noch nicht mit einem dauerhaften Ende der Kämpfe. Chris Gunness, Sprecher des Hilfswerks UNRWA, schrieb auf Twitter, viele Familien würden nur kurz zu ihren Häusern gehen und dann in die UNRWA-Einrichtungen zurückkehren. Am Freitag harrten Gunness zufolge noch etwa 218 000 Menschen in den UN-Unterkünften aus.

Die EU-Außenminister hatten am Freitag die Lage im Gazastreifen als "desaströse humanitäre Situation" kritisiert. Sie forderten eine Entwaffnung der militanten Gruppen in dem Gebiet. Das Außenministerium in Jerusalem begrüßte dies.

Israels jüngste Militäroperation im Gazastreifen hatte am 8. Juli als Reaktion auf fortwährenden Raketenbeschuss seiner Grenzorte begonnen. Mitte Juli drangen dann auch Bodentruppen in das Gebiet ein. Seit ihrem Rückzug vor rund zehn Tagen hatte es mehrere Feuerpausen gegeben. Ägypten vermittelte zwischen beiden Seiten.

Seit Beginn der Offensive starben nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums mehr als 1950 Menschen, mehr als 10 000 wurden verletzt. Auf israelischer Seite wurden 64 Soldaten und drei Zivilisten getötet, mehrere Hundert Menschen erlitten Verletzungen.

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