2015 in der Politik Jahr der Weichenstellungen

BONN · Entwicklungsfinanzierung, Klimaschutz, Nachhaltigkeitsziele: 2015 sollen Entscheidungen fallen

 Bedrohtes Paradies: Den Malediven droht der Untergang, wenn der Meeresspiegel wegen des Klimawandels weiter ansteigt.

Bedrohtes Paradies: Den Malediven droht der Untergang, wenn der Meeresspiegel wegen des Klimawandels weiter ansteigt.

Foto: dpa

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon spricht von einem "historischen Jahr". Entwicklungsorganisationen wie die Welthungerhilfe nennen 2015 ein "Entscheidungsjahr", das die Weichen für Frieden und Entwicklung auf Jahrzehnte stellen kann. "Das Jahr 2015 wird die Lebensumstände unserer Enkel und auch derer Enkel maßgeblich mitbestimmen", sagt Hans Joachim Schellnhuber, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung. Entweder gelinge es den Staats- und Regierungschefs, Konzepte für eine nachhaltige Entwicklung und ein Wirtschaften mit knappen Ressourcen zu entwickeln - oder die Politik kapituliere endgültig vor den großen, grenzüberschreitenden Problemen.

Ein Reigen hochrangig besetzter internationaler Konferenzen steht an: Erstens der Gipfel im Juli in Addis Abeba zur Finanzierung der Entwicklungshilfe, zweitens die UN-Vollversammlung mit der Festlegung neuer Ziele zur nachhaltigen Entwicklung bis 2030 im September (Post-2015-Agenda), und drittens die UN-Klimakonferenz in Paris Anfang Dezember.

Deutschland und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kommt dabei eine Schlüsselrolle zu: Die Bundesrepublik hat in diesem Jahr die Präsidentschaft unter den sieben wichtigsten Industrienationen. Beim Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten Anfang Juni im oberbayerischen Schloss Elmau stehen Klimaschutz und die Post-2015-Entwicklungsagenda ganz oben auf der Tagesordnung.

"Deutschland kann diesen Gipfel nutzen, um im Kreis der Industriestaaten ganz wichtige Pflöcke einzurammen", sagt Christoph Bals, Klimaexperte bei Germanwatch. Merkel könne beim Klimaschutz endlich wieder Profil gewinnen.

Im Juli findet im äthiopischen Addis Abeba die dritte Finanzierungskonferenz der Vereinten Nationen statt. Dabei soll festgelegt werden, wie die Durchsetzung der neuen Entwicklungsziele finanziert werden soll. Kernpunkte sind dabei die Finanzierung globaler öffentlicher Güter, die Förderung der Eigenverantwortung von Entwicklungs- und Schwellenländern, die Mobilisierung von nationalen Finanzressourcen oder eine stärkere Einbindung privaten Kapitals. Zudem sollen bessere Methoden vereinbart werden, damit die Entwicklungshilfe die Armen auch erreicht. Vorbild sind erfolgreiche Programme wie jene des Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria.

Wenn alles gut läuft, verabreden die Staaten bei der UN-Vollversammlung im September dann erstmals gemeinsame Ziele für eine nachhaltige Entwicklung. Die im Jahr 2000 von der Weltgemeinschaft vereinbarten Millenniumsziele laufen aus, mit denen die Vereinten Nationen etwa Hunger, Müttersterblichkeit und fehlende Bildung bekämpfen wollten. Sie sollen jetzt durch neue, noch umfassendere "Ziele nachhaltiger Entwicklung" ersetzt werden: Sie betreffen auch die Nutzung der Ozeane, die Bewirtschaftung von Böden oder verschwenderischen Konsum.

An Vorbereitungen mangelt es nicht. Für die Nachhaltigkeitsziele, die sogenannte Post-2015-Agenda, trat eine "offene Arbeitsgruppe" der Staaten insgesamt 13 Mal zusammen. Sie entwickelte 17 Ziele mit 169 Unterzielen, vom "Ende der Armut überall" bis zur "nachhaltigen Energie für alle", vom Stopp der Wüstenbildung bis zur Gleichberechtigung von Mann und Frau.

Keine drei Monate später steht in Paris dann die Entscheidung über ein neues globales Klimaschutzabkommen an. Erstmals soll es alle Staaten betreffen - und nicht mehr, wie zuvor das Kyoto-Protokoll, nur eine Handvoll Industriestaaten. Klimaforscher Schellnhuber hält es für dringend nötig, die weltweiten CO2-Emissionen bis spätestens 2070 auf null abzusenken, um die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen. "Spätestens 2030 müssen die globalen Emissionen ihren Scheitelpunkt erreicht haben, auch in den Entwicklungsländern", fordert er - und gibt sich gedämpft optimistisch. Gerade aus China gebe es außerordentlich ermutigende Signale. Die starke Luftverschmutzung dort mache die Folgen der CO2-Emissionen für jeden Bürger unmittelbar erfahrbar.

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