Gesetzesreform Jäger drohen mit Verfassungsklage

DÜSSELDORF · Die Jäger in NRW drohen mit einer Verfassungsklage, falls die rot-grüne Koalition die Jagd per Gesetz drastisch einschränkt. Der Vorsitzende der Jägerstiftung natur+mensch, Jochen Borchert, fürchtet, dass die Pläne von NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) für ein ökologisches Jagdgesetz "Schritt für Schritt auf die Abschaffung der Jagd hinauslaufen".

Die dem Minister nahestehenden Tier- und Naturschutzverbände waren mit der Forderung nach massiven Jagdverboten vorgeprescht. Neben Verboten für die Fallen-, Beiz- und Baujagd sowie der Ausbildung von Jagdhunden an Enten soll die lange Liste der jagdbaren Tierarten auf Rehe, Wildschweine, Rot-, Dam-, Sikahirsche und Mufflons begrenzt werden.

Remmel will nach der Sommerpause einen Gesetzentwurf vorlegen. Aus Sicht der 90.000 Jäger verstoßen Einschränkungen des Artenkatalogs und der Jagdmethoden gegen den Eigentumsschutz des Grundgesetzes. Schließlich sei das Jagdrecht ein verfassungsrechtlich geschütztes Eigentumsrecht.

"Bei einem Verbot der Fallenjagd nimmt die Zahl der Ratten und Mäuse in den Städten weiter zu", klagte Borchert. Wer den Abschuss von Füchsen einschränke, gefährde Tausende Bodenbrüter.

Und ein Schutz der Raben gehe auf Kosten der Singvögel. Borchert warnte vor erheblichen Wildschäden, wenn die Jagdzeiten wie gefordert auf September bis Dezember begrenzt würden. "Wer soll das bezahlen?" Bei einer Einschränkung der Jagd sänken zudem die Pachteinnahmen der Landwirte, fürchtet Borchert.

Seit Monaten wird zwischen Jägern und Tierschützern erbittert über neue Jagdregeln gestritten. Während die Tierschützer ein Verbot des Abschusses streunender Katzen und Hunde verlangen, sehen die Jäger in den wildernden Katzen und Hunden eine massive Bedrohung für viele Jungtiere. Im Notfall müsse deren Abschuss deshalb erlaubt bleiben. Remmel hatte einen Arbeitskreis zur Befriedung eingesetzt - das Misstrauen blieb.

Der rot-grüne Koalitionsvertrag setzt auf eine "zeitgemäße Form der Jagd", die sich an den Prinzipien des Tierschutzes ausrichtet. Jagdverbände beklagen aber, dass Jagdgegner "übers Ziel hinausschießen" und wehren sich gegen Versuche, die Jagd als unmoralisch zu diskreditieren. Einen "gefährlichen Irrweg" sehen die Jäger in den Allianzen der Naturschutzverbände mit radikalen Tierrechtsorganisationen wie "Peta", die die generelle Abschaffung der Jagd fordern.

"Wir rechnen mit erheblichem Konfliktpotenzial nach dem Sommer", fürchtet Borchert. "Das Gesetz wird heftiger, als viele Jäger gehofft haben." Wohl deshalb habe Remmel auch vor der Kommunalwahl keinen Gesetzentwurf präsentiert. In den Niederlanden ist die Jagd bereits faktisch verboten - mit Ausnahme der Schädlingsbekämpfung.

Im Streit über ein Verbot der bleihaltigen Munition sind die Jäger gesprächsbereit. Sollte eine praxistaugliche Munition angeboten werden, wollen die Waidmänner auf bleifrei umsteigen. "Es muss sichergestellt sein, dass die Tiere nicht unnötig leiden", sagte Borchert.

Generell appellierten die Jagdverbände an Remmel, eine faire Regelung anzustoßen. Aus Sicht des Landesjagdverbandes darf das Zehn-Punkte-Papier der Jagdgegner "kein Maßstab" für ein neues Jagdgesetz sein. Deren Forderungen seien "politisch indiskutabel, rechtlich unhaltbar und praktisch unbrauchbar", erklärte der Chef des Landesjagdverbandes (LJV), Ralph Müller-Schallenberg, Der Präsident des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes (WLV), Johannes Röring, erinnerte Remmel daran, dass das neue Jagdgesetz die Akzeptanz der Jagdpächter brauche.

Durch ein Verbot der Beizjagd fürchten die Jäger eine Zunahme der Tauben, Krähen und Kaninchen in Innenstädten und auf Friedhöfen. Die geplanten Einschränkungen der Jagd hält Borchert auch nicht für das letzte Ziel fundamentaler Tierrechtler.

Die Debatte über bleifreies Angeln und die Berechtigung zum Töten von Fischen habe längst begonnen. Borchert erklärte die Bereitschaft der Jäger, mit der Landesregierung über eine Reform des Jagdgesetzes zu reden. "Wir lassen uns als Heger der Natur aber nicht von Ideologen treiben und auf Schädlingsbekämpfer und Wildfleischversorger reduzieren."

Kritikpunkte der Jäger
Die Jagdverbände lehnen Forderungen nach einen Verbot der Wildfütterung ab, weil das Wild im Winter häufig von natürlichen Futterquellen abgeschnitten ist. Ein komplettes Jagdverbot im Februar, März und April auf alle Wildarten würde aus Sicht der Jäger zudem verhindern, dass effektiv gegen "Beutegreifer" wie Waschbär und Marderhund vorgegangen werden kann.

Minister Remmel will aber das Problem der "Lockfütterung" durch neue Regeln angehen.

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