Usbekistan Ist Präsident Karimow schon tot?

Moskau · Das mögliche Ableben des usbekischen Präsidenten löst eine Debatte um die Nachfolge des Diktators aus.

 Der Tot von Islam Karimow ist noch nicht bestätigt, doch um seine Nachfolge gibt es schon Gerüchte.

Der Tot von Islam Karimow ist noch nicht bestätigt, doch um seine Nachfolge gibt es schon Gerüchte.

Foto: picture alliance / dpa

Noch bevor Gewissheit herrscht, ob der usbekische Präsident Islam Karimow noch lebt, wird schon heftig über seine möglichen Thronfolger diskutiert. Die Nachrichten aus Taschkent widersprechen sich. Am späten Montagabend meldete das russische Nachrichtenportal Fergana den Tod Islam Karimows. Der 78-Jährige sei zwischen 12 und 13 Uhr MEZ an den Folgen einer Gehirnblutung gestorben. Später bestätigten der russische Usbekistan-Experte Arkadi Dubnow und die Menschenrechtlerin Nadeschda Atajewa Karimows Tod. Allerdings dementierten usbekische Regierungsvertreter danach gegenüber den russischen Staatsagenturen Ria Nowosti und Interfax das Ableben ihres Präsidenten. Er liege weiter im Krankenhaus, sein Zustand sei stabil.

Zuvor hatten Beobachter schon die offizielle Mitteilung der usbekischen Regierung, Karimow befinde sich im Krankenhaus und benötige umfassende medizinische Untersuchung, als böses Omen für Karimow gewertet. Zumal Karimows Tochter Lola am Montag per Instagram nachschob, er liege nach einem Anfall auf der Intensivstation. Seitdem der frühere Luftfahrtingenieur und Planungsbürokrat vor 26 Jahren die Macht in Usbekistan übernommen hatte, gab es keine einzige Krankmeldung von ihm.

Ein weiteres Indiz: Gestern meldete der usbekische Dienst der BBC, die für den 1. September geplanten Feierlichkeiten zum 25. Jahrestag der Unabhängigkeit Usbekistans von der Sowjetunion würden ausfallen. Es herrscht Rätselraten wie im März 1953, als in Moskau Stalin verblich. Jetzt mag Karimow mit dem Tod kämpfen oder schon gestorben sein; wohlmöglich verschweigt die Taschkenter Elite es, weil sie noch über seine Nachfolge streitet. Die russische Nachrichtenagentur RBK schreibt: „Es herrscht Angst um die Zukunft. Was erwartet Usbekistan, wenn Karimows Epoche endet?“

Ein Vierteljahrhundert nach dem Zerfall der Sowjetunion schwebt der brenzlige Geruch von Staatskrise, Intrigen oder gar Palastrevolte über Usbekistan. Und Politologen in Moskau, Astana oder Bischkek diskutieren eifrig, wer Karimow beerben könnte. Die Mehrzahl wettet auf Premierminister Schawkat Mirsijajews, 59, seit 2003 im Amt; er gilt als Karimows engster Gesinnungsgenosse und als sein „Hammer“ bei der grausamen Unterdrückung der Opposition. Mirsijajews größter Konkurrent könnte Vizepremier und Finanzminister Rustam Asimow, 57, werden. Er hat seinen Magister in Oxford gemacht, einige Beobachter werten ihn deshalb als Liberalen und als Kandidaten des Westens. Aber schwerer wiegt wohl, dass Asimow zum mächtigen „Taschkenter Klan“ gehört, während Regierungschef Mirsijajew als Mann des ebenfalls einflussreichen „Samarkander Klans“ gilt, dem viele ethnische Tadschiken angehören.

Wie groß die Nervosität ist, lässt die gestern dementierte Meldung ahnen, Asimow sei festgenommen worden. Aber der Rückhalt der „Taschkenter“ oder der „Samarkander“ könnte auch zum Nachteil geraten. „Zur politischen Kultur Usbekistans gehören Kompromisse wie auf dem Marktplatz“, sagte der Moskauer Zentralasienexperte Juri Solosubow. Es sei gut möglich, dass sich die Klans auf eine Figur ohne starke Hausmacht einigen. So besitzt Karimow-Tochter Lola, 38, zumindest Außenseiterchancen, obwohl sie selbst versichert, sie habe keine politischen Ambitionen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort