Kommentar zur SPD GroKo ade

Meinung | Berlin · Dass SPD-Chef Sigmar Gabriel die große Koalition zum Auslaufmodell erklärt, überrascht nicht. Schon der Gedanke an eine Neuauflage käme beim eigenen Lager vor der Wahl gar nicht gut an.

 Sigmar Gabriel, SPD-Chef und Bundesaußenminister, hält nichts von einer Neuauflage der großen Koalition.

Sigmar Gabriel, SPD-Chef und Bundesaußenminister, hält nichts von einer Neuauflage der großen Koalition.

Foto: dpa

Ein typischer Gabriel. Seit dem 19. März heißt der SPD-Vorsitzende ganz offiziell und mit 100 Prozent Martin Schulz. Und was macht Sigmar Gabriel? Der Außenminister, der nicht Kanzlerkandidat werden wollte, drehte dieser Tage einmal kurz an der Glaskugel und siehe da, eine Neuauflage der großen Koalition nach der Bundestagswahl hat er beim Blick in die Zukunft nicht entdeckt. Die GroKo erklärte Gabriel kurzerhand zum Auslaufmodell.

Der Außenminister hat gesprochen, der Kanzlerkandidat lässt ihn gewähren. Wenn es etwas zu sagen gibt, was die Partei nicht sofort wissen soll, wendet sich Gabriel seit einiger Zeit an die Zeitschrift „Stern“. Im Januar überrumpelte er die gesamte SPD, als er dort via Interview seinen Verzicht auf eine Kanzlerkandidatur bekanntgab. Wie war das gleich noch mal? „Wenn der Verein im Keller spielt, ist irgendwann der Trainer dran.“ Die Parteigremien wurden gar nicht gefragt. Jetzt wieder im Urlaubsprivatissimum mit der Illustrierten die Ankündigung der politischen Scheidung von CDU und CSU nach der Bundestagswahl. Zwei-Prozent-Rüstungsetat vom Bruttoinlandsprodukt, wie in der Nato beschlossen, wollten die Unionsparteien. Und dies sei mit der SPD nicht zu machen. Es geht um genau jenen Beschluss des Nato-Gipfels von Wales 2014 – bekräftigt beim Nato-Gipfel 2016 in Warschau –, den die SPD durch ihren damaligen Außenminister Frank-Walter Steinmeier mitgetragen hat.

Natürlich müssen sowohl die Unionsparteien wie auch die SPD ein Interesse an einem Ende der großen Koalition haben. Solche Regierungsbündnisse sollen in Deutschland die Ausnahme bleiben, weil eine starke parlamentarische Demokratie gerade davon lebt, dass auch die Opposition politisches Gewicht hat und nicht von der schieren Größe einer Regierungskoalition erdrückt wird. Gabriel marschiert bei der Absetzbewegung der SPD von CDU und CSU voran, weil der erfahrene Wahlkämpfer weiß, dass schon der Gedanke an eine Neuauflage der GroKo keinesfalls zur Mobilisierung des eigenen Lagers, sondern zum Verdruss beiträgt. Und: Eine dritte große Koalition innerhalb von zwölf Jahren mit der reichlich wahrscheinlichen Aussicht, erneut Juniorpartner zu sein, würde die SPD schwächen.

Die SPD muss als Volkspartei den Anspruch haben, den Kanzler zu stellen und braucht dafür eine eigene Mehrheit. Rot-Rot-Grün wird Kanzlerkandidat Schulz nach dem geplatzten Luftballon bei der Landtagswahl im März im Saarland nicht offensiv angehen. Rot-Gelb-Grün im Bund wäre gleichfalls ein Wagnis und mit erheblichen Zugeständnissen an die FDP und somit mit Zumutungen für die Grünen und die eigenen Genossen verbunden. Doch eine Mehrheit für Schulz, der nicht Vizekanzler im nächsten Kabinett einer Bundeskanzlerin Angela Merkel werden will, muss irgendwo herkommen. Oder für Schulz fährt nach der Wahl ein Zug nach nirgendwo.

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