Verbot Förderung illegaler Siedlungen EU-Druck auf Israel

JERUSALEM · Die israelische Regierung fühlt sich durch die Europäische Union (EU) vor den Kopf gestoßen, wieder einmal. Ursache diesmal ist eine gestern bekannt gewordene Leitlinie der EU, wonach künftige Abkommen mit dem jüdischen Staat ausdrücklich nur in den Grenzen vor dem Sechs-Tage-Krieg 1967 gelten sollen.

Brüssel will verhindern, dass finanzielle Zuwendungen an israelische Einrichtungen in den besetzten Gebieten gehen, also im Westjordanland, in Ost-Jerusalem und auf dem Golan. Israelische Nicht-Regierungsorganisationen (NGO), die den Siedlungsbau ablehnen, begrüßten die Initiative der Europäer. Auch die Palästinenser äußerten sich zufrieden mit der EU-Entscheidung.

Der Schritt kommt nicht überraschend, hatten doch die EU-Außenminister bereits im Dezember einen entsprechenden Beschluss gefasst. Es müsse in allen künftigen Abkommen "unzweideutig und explizit" geregelt sein, dass die Vereinbarungen nur für das international anerkannte Staatsgebiet gelten, erklärten die Außenminister damals.

Und dies auch unabhängig davon, ob bestimmte Gebiete nach israelischem Gesetz zu Israel gehörten. Das bezieht sich darauf, dass Ost-Jerusalem und die Golanhöhen nach 1967 komplett von dem hebräischen Staat annektiert wurden.

Israelische Regierungsvertreter kritisierten gestern, man sei erst in letzter Minute von dem Schritt unterrichtet worden. Die Kritik kann aber nur den Zeitpunkt der Veröffentlichung betreffen. Denn tatsächlich wusste Ministerpräsident Benjamin Netanjahu davon, der zusammen mit seinem stellvertretenden Außenminister Seev Elkin seit Monaten versucht, die EU-Kommission von der Veröffentlichung abzubringen. Nun soll der Leitfaden am Freitag im Amtsblatt der EU erscheinen und kommendes Jahr in Kraft treten.

Am heftigsten reagierte gestern der Sprecher der israelischen Siedlerbewegung, Dani Dajan. "Wir können die EU nicht mehr als unparteiisch und objektiv betrachten", schimpfte er. Sie verabschiede sich damit auch als ein Mittler im nahöstlichen Friedensprozess, indem sie sich ganz auf die Seite der Palästinenser schlage. Wohnungsminister Uri Ariel warf der EU Rassismus gegen Juden vor.

Ein Regierungsvertreter warf Brüssel vor, mit zweierlei Maß zu messen. Man bestrafe das kleine Israel und verschone das große China, das in Tibet ein ganz anderes Besatzungsregime ausübe.

Israel nimmt unter anderem an der EU-Nachbarschaftspolitik teil, auch ein Assoziierungsabkommen gibt es. In den nächsten Jahren sollen finanzielle Zuwendungen aus Brüssel in Höhe von insgesamt 14 Millionen Euro fließen.

Die EU-Vertretung in Israel erklärte gestern, mit den neuen Leitlinien werde gerade sichergestellt, dass die Partnerschaft wie bisher laufen könne.

Die EU habe auch in der Vergangenheit die jüdischen Siedlungen gemäß internationalem Recht als illegal betrachtet. Man habe befürchten müssen, dass sich sonst einzelne Mitgliedsländer gegen eine Förderung Israels wenden würden.

Lediglich Juval Steinitz, Minister für internationale Beziehungen, versuchte, die Sache herunterzuspielen. Die Verwaltungsvorschrift betreffe doch nur künftige Abkommen und nicht laufende Verträge. Nach seinen Worten ist die Mehrheit der EU-Außen- und Finanzminister gegen einen Boykott Israels.

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