Interview mit Hans Peter Bartels "Die Antworten sind nicht immer angenehm"

Bonn · Der Preis war hoch, der Erfolg bleibt aus: Nach 15 Jahren militärischem Engagement in Afghanistan, bei dem über 3200 Soldaten, darunter 54 Deutsche, umkamen, sind die Taliban wieder auf dem Vormarsch. Hans-Peter Bartels, Wehrbeauftragter des Bundestages, spricht nun im GA-Interview offen über Fehler.

In Afghanistan, wo sich die Bundeswehr seit vielen Jahren für Stabilität einsetzt, verschlechtert sich die Situation rasant. War das Engagement umsonst?

Hans-Peter Bartels: Es waren ja nicht nur Soldaten der Bundeswehr vor Ort, sondern Truppenteile aus 50 Nationen unter Nato-Kommando, vorneweg dabei die Supermacht USA. Tausende Organisationen aus 80 Ländern leisten zivile Hilfe. Wenn man den riesigen Aufwand sieht, dann kann man das Ergebnis fünfzehn Jahre nach Beginn der Mission bitter finden. In manchen Landesteilen scheint die Gefährdung inzwischen sogar größer, als sie es vor zwei Jahren war.

Wie groß ist der Frust darüber?

Bartels: Gerade die, die in Afghanistan Dienst getan haben, sind enttäuscht über die Rückschläge, wollen nicht, dass ihr Einsatz umsonst war. Für Zehntausende deutsche Soldaten bildet Afghanistan ja eine zentrale Bundeswehr-Erfahrung. Aber auch den Menschen in Afghanistan wurden große Hoffnungen gemacht. Man darf sie damit jetzt nicht allein lassen, nicht wie im Irak. Schulen, Straßen, Gesundheitswesen: Vieles ist besser geworden, aber die Lage ist noch lange nicht gut. Das heißt natürlich nicht, dass man es nicht noch schaffen kann – mit etwas bescheideneren Zielen. Wenig Fortschritt, kaum Erfolge – was sind die Lehren aus dem Afghanistan-Einsatz? Bartels: Genau das sollte Gegenstand einer umfassenden offiziellen Evaluierung sein, wie ich sie fordere. Wir müssen uns fragen, unter welchen Bedingungen multinationale, vernetzte Interventionen des Westens in Krisenstaaten gelingen können. Afghanistan ist nicht gut gelungen, Irak fiel ins Chaos, Libyen in eine Dauerkatastrophe. In Syrien intervenierte man vor fünf Jahren erst gar nicht – was auch kein Problem löst. Nun entsenden wir die Bundeswehr nach Mali und es bleibt zu hoffen, dass nicht die gleichen Fehler immer wieder neu gemacht werden.

Dabei gibt es ja durchaus erfolgreiche Missionen.

Welche Fehler sind in Afghanistan gemacht worden?

Wenn multinationale Einsätze holprig verlaufen, ist die Europäisierung der Streitkräfte dann überhaupt eine gute Idee?

Zuletzt gab es Panzerbataillone in Deutschland, die nicht einmal einen Panzer zur Verfügung hatten. Bleibt Material weiterhin Hauptsorge der Truppe?

Warum sind Sie angesichts der Schwierigkeiten bei der Personalgewinnung gegen die Wiedereinführung der Wehrpflicht?

Zur Person

Hans-Peter Bartels, gebürtiger Düsseldorfer, leistete seinen Wehrdienst von 1980 bis 1981 in Lübeck ab. Er studierte Politische Wissenschaft, Soziologie und Volkskunde in Kiel und arbeitete als Redakteur bei der Kieler Rundschau. Seit 1979 ist er SPD-Mitglied. 2014 wurde er zum Wehrbeaufragten des Bundestags und damit zum Anwalt der Soldaten gewählt. Hans-Peter Bartels hält am 25. Oktober um 19 Uhr in der Redoute einen Vortrag zum Thema „Bundeswehr am Limit“.

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