Portrait - Peter Altmaier Der Energiewender

BERLIN · Übermorgen ist Peter Altmaier 100 Tage Bundesumweltminister. Er bewältigt ein gigantisches Programm. Jedem kann er es dabei nicht recht machen.

 Bundesumweltminister Altmaier bewegt sich zwischen zahlreichen Interessengruppen, die mit harten Bandagen kämpfen.

Bundesumweltminister Altmaier bewegt sich zwischen zahlreichen Interessengruppen, die mit harten Bandagen kämpfen.

Foto: dpa

Unlängst hat sich Peter Altmaier in Friedrichskoog auf eine Seehundwaage gestellt. Wunderbar, so eine Waage, die für ein paar Zentner Lebendgewicht ausgelegt ist. Altmaier und sein Übergewicht sind eine Geschichte für sich.

Der Bundesumweltminister erzählte kürzlich im "Stern", zwischen ihm und seinem Übergewicht herrsche "Waffenstillstand", aber "eigentlich möchte ich diesen Krieg irgendwann noch mal gewinnen". Immerhin: Auf "fast unter 140 Kilo" hat sich der CDU-Politiker hochgegessen beziehungsweise wieder herunter gekämpft. Er wäre allenfalls ein kleiner Seehund.

Doch Altmaier muss, seit er am 22. Mai nach der für die CDU verlorenen NRW-Wahl und dem folgenden Rausschmiss Norbert Röttgens durch die Bundeskanzlerin das symbolträchtige Bundesumweltministerium übernommen hat, nicht nur Seehunde schützen, sondern vor allem die Energiewende voranbringen. Übermorgen ist der 54 Jahre alte Saarländer 100 Tage im neuen Amt.

"Auf geht's an die Arbeit", hatte Altmaier, kaum vereidigt, der Welt über den Kurznachrichtendienst Twitter mitgeteilt. Seither ackert er fast ohne Pause. Altmaier will bis Ende des Sommers alle 16 Bundesländer bereist haben, um sich an Küste, im Flachland wie in den Bergen ein Bild davon zu machen, wie die Energiewende vorankommt.

Seit Bundeskanzlerin Angela Merkel im vergangenen Jahr nach dem Atom-GAU im japanischen Fukushima den Ausstieg aus der Atomkraft in Deutschland bis 2021 verkündet hat, gilt die Energiewende auch als beispielhaft für die Reformfähigkeit des Landes. Ein Thema, das mitunter auch Wahlen entscheiden kann.

Die erneuerbaren Energien sollen dabei möglichst so gefördert werden, dass die Energiepreise bezahlbar bleiben und gleichzeitig der Ausbau der Leitungsnetze vorankommt. Die Trassen sind zentral, damit der durch Wind erzeugte Strom von der Küste über Hunderte Kilometer in die Ballungsgebiete der Republik transportiert werden kann.

Jedem kann man es dabei nicht recht machen. Während der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Altmaier per Twitter zu 100 Tagen im Amt gratuliert: "Überraschend guter Start! Jetzt Bremser der Energiewende stoppen", kritisieren ihn eigene Parteifreunde.

So hielt ihm der CDU-Chef in Schleswig-Holstein, Jost de Jager, vor, Altmaier wolle den Ausbau der Windenergie stoppen. Für das Gelingen der Energiewende brauche es den Ausbau der Windkraft.

Altmaier bewegt sich zwischen zahlreichen Interessengruppen, die mit harten Bandagen kämpfen. Er pflegt dabei einen Politikstil, der das Gefühl vermittelt, der Minister höre wirklich zu. Zugleich aber vermeidet er, ähnlich wie seine Chefin, die Bundeskanzlerin, Festlegungen.

Schon auf seinem vorherigen Posten als Unions-Fraktionsgeschäftsführer im Bundestag musste das einstige Mitglied der schwarz-grünen "Pizzaconnection" aus Bonner Zeiten permanent vermitteln. Es war eine gute Lehrzeit für ein Amt, das für das Wahljahr 2013 immer wichtiger wird.

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