Sigmar Gabriel auf NRW-Besuch Düsseldorf-Visite im Zeichen der Kanzlerfrage

Düsseldorf · SPD-Chef Sigmar Gabriel besucht die Genossen an Rhein und Ruhr, streift das interessanteste Thema aber nur ironisch.

 Gehen deutlich entkrampfter miteinander um: Hannelore Kraft traf am Dienstag in der Landeshauptstadt auf Sigmar Gabriel.

Gehen deutlich entkrampfter miteinander um: Hannelore Kraft traf am Dienstag in der Landeshauptstadt auf Sigmar Gabriel.

Foto: dpa

Ende vergangener Woche erst waren die Landtagsabgeordneten der NRW-SPD knapp darüber informiert worden, dass Sigmar Gabriel an diesem Dienstagmorgen zur turnusmäßigen Fraktionssitzung nach Düsseldorf kommen würde. Der Parteivorsitzende wenige Tage vor dem von vielen Genossen herbeigesehnten Klärungstermin in der Kanzlerkandidaten-Frage zu Gast beim wichtigsten Landesverband? Würde es noch deutlichere Hinweise geben auf Gabriels Ambitionen in der „K-Frage“, eine Inthronisationsrede gar?

Zunächst fällt vielen Landtagsabgeordneten auf, dass Gabriel über die Weihnachtstage schlanker geworden sei, irgendwie frischer wirke und „gut aufgelegt“, wie Sitzungsteilnehmer hinterher berichten. Einen durchinszenierten Auftritt legt er im Landtagsrund gleichwohl nicht hin. Vielmehr streift er in professioneller Beiläufigkeit etwa 20 Minuten lang die Herausforderungen des Doppel-Wahljahres, Fragen des sozialen Zusammenhalts und seine aktuellen Vorstöße in der Sicherheitspolitik. NRW habe „eine kleine und eine große Bundestagswahl zu absolvieren“, schärft Gabriel den Abgeordneten ein.

Natürlich weiß der Vizekanzler, dass alle auf ein Signal warten, ob er im September tatsächlich für die SPD gegen Angela Merkel antreten wird. Vernünftige Zweifel gibt es daran kaum mehr. Die „Bild“-Zeitung hatte am Vorabend berichtet, die Sache sei entschieden, Gabriel werde am 29. Januar bei einer Parteiklausur offiziell in Berlin vorgestellt. Vor den Landtagsabgeordneten nimmt sich der Parteivorsitzende des Themas nur in genüsslicher Ironie an. Er wolle hier von Düsseldorf aus dem letzten Kanzlerkandidaten der SPD herzlich zum runden Geburtstag gratulieren, sagt er. Peer Steinbrück wird an diesem Tag 70. Heiteres Gemurmel. Am Abend kommt die engste SPD-Führung zu einem „Strategietreffen“ in einem Düsseldorfer Flughafen-Hotel zusammen.

Das Erwartungsmanagement ist den Genossen an Rhein und Ruhr erkennbar entglitten. In den vergangenen Tagen war bereits darüber spekuliert worden, Gabriel müsse sich grünes Licht aus NRW für seine Kanzlerkandidatur abholen. „Wir reden über die Inhalte des Wahlkampfes. Ich weiß gar nicht, wer überhaupt auf die Idee gekommen ist, dass wir über Personal reden“, sagt Gabriel in gespielter Verwunderung. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft macht vor der Fraktion ebenfalls klar, dass die SPD-Spitze allein aus organisatorischen Gründen in Düsseldorf tage. Sie selbst habe die erste Sitzung ihres Landeskabinetts im neuen Jahr am Dienstagnachmittag im Düsseldorfer Stadttor nicht verpassen dürfen, deshalb sei es terminlich nicht anders gegangen, als sich in NRW zu treffen.

Aufmerksame Beobachter registrieren, dass das Verhältnis Kraft-Gabriel deutlich entkrampfter wirkt als noch vor Monaten. Der Parteivorsitzende rühmt die Ministerpräsidentin vor den Landtagsabgeordneten etwas dick aufgetragen als „Seele des Landes“. Schon als Kraft vor Weihnachten viel Kritik einstecken musste, weil sie den Eindruck vermittelt hatte, die angeblich offene „K-Frage“ sei längst entschieden, war Gabriel seiner Stellvertreterin beigesprungen. Dafür, dass beide über Jahre „ein Nicht-Verhältnis“ gehabt haben sollen, wirken sie recht vertraut.

Zurzeit decken sich offenbar ihre Interessen. Kraft braucht parteipolitisch Ruhe für ihren Landtagswahlkampf und glaubt, diese am ehesten durch eine reibungslose Kandidatur Gabriels zu bekommen.

Sie mag und schätzt zwar den langjährigen EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz aus Würselen, den sie schon als junge NRW-Europaministerin kennenlernte. Doch einen Zweikampf in der „K-Frage“ oder gar einen monatelangen Mitgliederentscheid wollen die NRW-Genossen um jeden Preis verhindern.

Deshalb wurde Landtagsfraktionschef Norbert Römer schon im vergangenen Herbst losgeschickt, um Gabriels Kanzler-Eignungen öffentlich zu besingen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
Gabriels Job
Kommentar zur SPD-Kanzlerkandidatur Gabriels Job