Regierung CDU, CSU und SPD tasten sich in einer zweiten Sondierungsrunde vor

BERLIN · Es ist kurz nach 16 Uhr, als sich die 21 Unterhändler mit den Parteichefs Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Sigmar Gabriel (SPD) an der Spitze zur zweiten Sondierung zurückziehen. Eine dritte Sondierung von Union und SPD noch in dieser Woche sei ausdrücklich nicht ausgeschlossen, hieß es vorher.

Auf zur Sondierung: Angela Merkel und Horst Seehofer.

Auf zur Sondierung: Angela Merkel und Horst Seehofer.

Foto: dpa

"Othello" ist es egal, wer Deutschland regiert. Seiner Halterin nicht. Frauchen ist sauer auf die SPD, der sie seit 40 Jahren angehört und deren Vorstandsmitglied sie einmal war. Jetzt stehen Ursula Engelen-Kefer und ihr Neufundländer-Mischling hinter der Absperrung am Friedrich-Ebert-Platz, direkt am Reichstagsgebäude, und protestieren gegen Schwarz-Rot, jedenfalls gegen allzu mutlose Entscheidungen, die von CDU, CSU und SPD in einer gemeinsamen Regierung womöglich zu erwarten wären. "Umverteilen - Reichtum besteuern", skandiert die frühere DGB-Vize Engelen-Kefer mit einem Dutzend Mitstreitern und fordert beispielsweise die Einführung der Vermögensteuer. "Othello" bellt dazu rhythmisch im Takt. Immerhin: Der Hund bringt dem Staat Geld. Seine Steuernummer "03109" steht gut sichtbar auf dem roten Halsband. Vorbildlich.

Ob sich die Unterhändler von CDU und CSU von dem Protest beeindrucken lassen, darf bezweifelt werden. Die Union hat auch vor dieser zweiten Sondierungsrunde gestern in Berlin deutlich gemacht: Steuererhöhungen sind mit ihr nicht zu machen. Und die SPD-Delegation hat "Othello" nebst Gefährten gleich gar nicht gehört und dieses Mal einen direkten Verbindungsweg vom Jakob-Kaiser-Haus in die Parlamentarische Gesellschaft gewählt.

Es ist kurz nach 16 Uhr, als sich die 21 Unterhändler mit den Parteichefs Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Sigmar Gabriel (SPD) an der Spitze zur zweiten Sondierung zurückziehen. Eine dritte Sondierung von Union und SPD noch in dieser Woche sei ausdrücklich nicht ausgeschlossen, hieß es vorher. Aber bitte, erst müssten die Ergebnisse ausgewertet werden. Vor allem die SPD steht unter Druck. Schließlich müssen sie am Sonntag beim Parteikonvent eine Beschlussempfehlung vorlegen, bevor die etwa 200 SPD-Delegierten dann grünes Licht für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen geben - oder eben nicht. Immer vorausgesetzt, die Union würde sich nicht vorher mit den Grünen handelseinig. Schwarz-Grün geht heute in eine zweite Sondierungsrunde. Und die Grünen wollen schnell entscheiden, womöglich noch in der Nacht zu Mittwoch, ob sie bereit wären, mit CDU und CSU über einen Koalitionsvertrag zu verhandeln.

Doch vorher arbeiten sich Union und SPD durch die Nacht. Elf Punkte umfasst die Tagesordnung. Nach drei Stunden sind erst drei Punkte durch. Gegen 21 Uhr verabreden die Unterhändler eine erste Pause. Halbzeit auf der Tagesordnung. Langsam geht es an erste Details. Ein gesetzlicher flächendeckender Mindestlohn von 8,50 Euro ist laut SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles weiter eine zentrale Forderung. SPD-Vorstandsmitglied Ralf Stegner sagt, seine Partei könne sich nicht an der Regierung beteiligen, "wenn es keinen Politikwechsel gibt". Dem SPD-Konvent am Sonntag jedenfalls müssten für eine Zustimmung "substanzielle Ergebnisse" vorgelegt werden. Nahles beruhigt, es gebe "keine Veranlassung zum jetzigen Zeitpunkt Positionen zu relativieren". Schließlich seien die Kernpunkte bekannt: "Wir wissen, was der Union wichtig ist. Und die Union weiß, was uns wichtig ist."

Wichtig ist der Union, vor allem der CSU, das Betreuungsgeld. Ein Kompromiss nach Lesart der SPD: Die Länder entscheiden jeweils selbst, ob sie Betreuungsgeld zahlen oder nicht. Doch CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt ließ erkennen, dass ihre Partei das Betreuungsgeld Eltern in ganz Deutschland nicht wieder wegnehmen wolle. So wollen sie herausfinden, "ob die Plattform stabil ist, ob es reicht", wie Nahles sagt. CSU-Chef Seehofer sagt bereits mit Blick auf die heutige Sondierung von Schwarz-Grün: "Ich kann nicht vier Jahre durchs Land laufen und sagen, das ist ein schönes Experiment."

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