Kommentar zur Kanzlerkandidatur Aus der Deckung

Meinung | Berlin · Es ist eine Versöhnung der besonderen Art: CDU-Chefin Angela Merkel soll auch mit CSU-Segen in ihre dann vierte Kandidatur für das Amt der Bundeskanzlerin gehen. Merkel schweigt zu einer möglichen Kandidatur bislang ebenso wie SPD-Chef Gabriel.

 CSU-Politiker treiben CDU-Chefin Angela Merkel jetzt zur erneuten Kandidatur für das höchste Regierungsamt der Republik.

CSU-Politiker treiben CDU-Chefin Angela Merkel jetzt zur erneuten Kandidatur für das höchste Regierungsamt der Republik.

Foto: dpa

Ein schöner Frieden ist das, mindestens eine Versöhnung der besonderen Art. Seit einem Jahr streiten CDU und CSU erbittert über die Flüchtlingspolitik. Doch nun schaffen die Kontrahenten eine ganz spezielle Form der Wiederannäherung. Die CDU-Vorsitzende ist bislang zwar nicht zum CSU-Parteitag in zwei Wochen eingeladen – ein Affront. Angeblich, weil die Reaktion der christsozialen Basis auf Angela Merkels Flüchtlingspolitik unkalkulierbar sein und sich der Zorn dort zum Nachteil der Unionsparteien insgesamt entladen könnte.

Dafür treiben führende CSU-Politiker wie die Landesgruppenvorsitzende Gerda Hasselfeldt oder CSU-Vize Manfred Weber die CDU-Chefin jetzt zur erneuten Kandidatur für das höchste Regierungsamt der Republik. Bemerkenswert ist das deshalb, weil in der CSU immer wieder Gerüchte zu hören waren, die bayerische Schwesterpartei könnte womöglich einen eigenen Spitzenkandidaten, und sei es nur in Bayern, ausrufen und darauf verzichten, Merkel zu plakatieren.

Aber jetzt soll Merkel auch mit CSU-Segen in ihre dann vierte Kandidatur für das Amt der Bundeskanzlerin gehen. Merkel wäre nicht Merkel, würde sie darauf umgehend reagieren. Zu gegebener Zeit, so hat sie immer betont, werde sie sich dazu erklären. Dieser Zeitpunkt könnte Anfang Dezember beim CDU-Bundesparteitag sein, falls sie dort mit ihrer Kandidatur für den Parteivorsitz auch die Kanzlerkandidatur verbindet. Denn Merkel hat auch erklärt, dass für sie Parteivorsitz und Kanzleramt zusammengehörten.

Während die CSU aktuell mildere Töne anschlägt, was sich bei Parteichef Horst Seehofer aber wieder schnell ändern kann, versucht nun die SPD, Druck auf Merkel zu machen. CDU, CSU und SPD haben noch keinen gemeinsamen Kandidaten respektive Kandidatin für das Bundespräsidentenamt gefunden, geschweige denn ausgerufen, da hat SPD-Chef Sigmar Gabriel doch einen entdeckt: Frank-Walter Steinmeier, den weithin geschätzten Außenminister. Das ist ein besonders raffinierter Schachzug Gabriels, weil Steinmeier und er nicht allerbeste Freunde sind. Der SPD-Chef bringt so erstens Merkel in Zugzwang und beschädigt zweitens auch noch Steinmeier. Zuerst genannt und schon verbrannt – das gilt unverändert für beinahe jede Spitzenpersonalie. Außerdem kann Merkel bei der Stärke der Union keinen Sozialdemokraten ins höchste Staatsamt befördern.

Auch Gabriel hat bislang noch nicht erklärt, ob er denn bereit ist, die SPD 2017 als Kanzlerkandidat gegen die Unionsparteien zu führen. So warten Merkel wie Gabriel ab, weil keiner von beiden zu früh aus der Deckung kommen will. Der Wahlkampf wird lang. CDU und CSU werden sich zusammenraufen und Merkel als gemeinsame Kandidatin unterstützen, weil sie nur zusammen die Gefahr von rechts, die Alternative für Deutschland, so klein wie möglich halten können.

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