Kommentar zu EU-Maßnahmen gegen Fake News Am Wendepunkt

Meinung | Brüssel · Die EU-Kommission hat erste Maßnahmen im Kampf gegen Falschnachrichten angekündigt. Für Facebook und andere muss das kein Rückschritt sein, aber ein Wendepunkt, meint GA-Korrespondent Detlef Drewes.

Fake News – vielen Kennern sträuben sich bei diesen Worten die Haare, weil sie diese Worte für die Verniedlichung eines Problems halten. Sie haben Recht: Ob falsche oder manipulativ verzerrte Nachrichten nun von Einzelpersonen oder staatlich unterstützten Cyberkriminellen publiziert werden – ihr Zweck besteht in der Zerstörung von Glaubwürdigkeit und Vertrauen. Da darf die fast schon behutsame Gangart, mit der die EU-Kommission das Problem angehen will, überraschen. Tatsächlich geht es um weit mehr als einen neuen Versuch, mittels Selbstkontrolle Änderungen herbeizuführen.

Was die EU zwar nicht sagt, aber de facto von Facebook & Co. verlangt, ist nicht weniger als das Abschaffen der digitalen Alleinherrschaft jenes Algorithmus, der Botschaften, Nachrichten und Mitteilungen lenkt. Was nun passiert, ist die Wiedereinführung der menschlichen Instanz als wichtigstem, weil wertendem Kontrollmechanismus. Denn die sich selbst überlassene digitale Technik bedroht zentrale Errungenschaften der Demokratie, wenn sie in die falschen Hände gerät. Insofern geht Brüssels Aufforderung weit über das hinaus, was der etwas unverbindlich klingende Maßnahmenkatalog meint.

Die traditionellen Medien wie Zeitung, Radio und Rundfunk beziehen ihre Glaubwürdigkeit aus einer einordnenden Redaktion im Hintergrund. Bei Portalen wie Facebook und anderen gibt es diese Instanz nicht. Für Facebook und andere muss das kein Rückschritt sein, aber ein Wendepunkt. Weil diese Konzerne begreifen müssen, dass die Vertrauenswürdigkeit ihrer Inhalte eben auch ein Kapital ist.

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