Freddy hat den Blues

BONN · Der Kölner Tatort "Dicker als Wasser" mit einem Kommissar in der Lebenskrise

Unter der rauen Schale steckt ein richtiger Gourmet: Armin Rohde (links) verkörpert den Kölner Ganoven Ralf Trimborn. Er kann Freddy Schenk (Dietmar Bär) nicht zu einem Glas Rotwein überreden.

Unter der rauen Schale steckt ein richtiger Gourmet: Armin Rohde (links) verkörpert den Kölner Ganoven Ralf Trimborn. Er kann Freddy Schenk (Dietmar Bär) nicht zu einem Glas Rotwein überreden.

Foto: WDR

Ein junger Mann ist ermordet worden. Oliver Mohren war der Besitzer des Kölner "Sax Clubs". So weit, so normal für einen ARD-Tatort. Verstörend gestaltet sich der Auftritt von Hauptkommissar Freddy Schenk (Dietmar Bär). "Schon mal daran gedacht, alles hinzuschmeißen?", fragt er seinen Kollegen Ballauf (Klaus J. Behrendt). Freddy kommt nicht heraus aus der Lebenskrise. Im vergangenen Februar, wir erinnern uns, entwickelte er unerwiderte Gefühle für die attraktive Kunstprofessorin Claudia Denk (Ursina Lardi).

"Freddy tanzt", hieß die Tatort-Folge. Jetzt tanzt er nicht mehr. Schenk hat den Blues. Dazu mag beigetragen haben, dass ihm junge Kriminelle ein Schnippchen geschlagen haben. Der Mann wird älter, und er weiß es. Er reicht den Frust weiter, zum Beispiel an den neuen, sympathischen Kriminalassistenten Tobias Reisser (Patrick Abozen).

Klaus J. Behrendt gibt mit großen Augen Schenks besorgten Partner. Die sich anschließende Psychoanalyse - "Was ist denn los mit dir?" - bringt jedoch keine verwertbaren Erkenntnisse. Allenfalls naheliegende Formeln wie "gereizter Büffel" und "tickende Zeitbombe". Ballaufs psychologisierendes Bemühen prägt die Kölner Tatort-Folge "Dicker als Wasser". Alle Figuren, die Norbert Ehrys Drehbuch bevölkern, werden von Dr. h.c. Ballauf seelisch vermessen. Zum Beispiel Laura, die Freundin des Ermordeten. Alice Dwyer verkörpert sie mit sprödem Sex-Appeal à la Kristen Stewart. Sie ist Teil eines starken Ensembles, das von Altmeister Armin Rohde dominiert wird. Als Kölner Ganove Ralf Trimborn ist er ein impulsiver Übervater, unter dem der Sohn Erik (Ludwig Trepte) zu leiden hat.

Der Schauspieler Rohde kann eine joviale Grausamkeit abrufen, die immer wieder überrascht und schockiert. Wenn hier eine Zeitbombe tickt, dann ist es Rohdes Trimborn. Regisseur Kaspar Heidelbach lässt das Vater-Sohn-Drama vor spannungsvoll düsterer Kulisse ausspielen. Im Hause Trimborn wohnt das Böse.

ARD, Sonntag, 20.15 Uhr.

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