Spielplan vorgestellt Bonner Kammerspiele bald „Schauspielhaus“

Bonn · Generalintendant Bernhard Helmich, Generalmusikdirektor Dirk Kaftan und Schauspielchef Jens Groß stellten am Donnerstag bei einer Pressekonferenz das Programm der kommenden Spielzeit vor.

Bevor die Kunst zu ihrem Recht kam, ging es in der Bonner Oper erst einmal ums Geld. Generalintendant Bernhard Helmich nutzte die Vorstellung der Saison 2018/19, um, wie er sagte, typische Bonner Verhältnisse einzuordnen. „In den nächsten Jahren stehen keine Kürzungen an“, betonte Helmich. Sein Vertrag laufe bis 2023, bis dahin arbeiteten Oper und Schauspiel auf einem soliden, vereinbarten finanziellen Fundament.

Er sei sicher, dass alles, was er bis 2023 plane, „finanziert ist und stattfinden wird“. Nun werde er derzeit aber dennoch auf mögliche Einschnitte in seinem Etat angesprochen. Das Missverständnis sei unter anderem Berichten über eine Untersuchung geschuldet, die von der Stadt Bonn beim Fachbüro Actori aus München in Auftrag gegeben worden war.

Studie zu Einsparungen

Actori soll ermitteln, ob für die Zeit nach 2023 Einsparungen im Kulturbetrieb der Stadt Bonn möglich wären (GA vom vergangenen Mittwoch). Teile von Politik und Verwaltung würden aber schon heute Schlussfolgerungen ziehen – „typisch Bonn“ – , bevor die Actori-Untersuchung abgeschlossen sei. Helmich: „Ich finde diese Art von Geschwätzigkeit völlig verantwortungslos.“

Dann hatte Jens Groß das Wort: Noch-Chefdramaturg, Stellvertreter der Schauspieldirektorin Nicola Bramkamp und ab der kommenden Spielzeit Chef des Sprechtheaters. Er danke Bramkamp und formulierte eine Liebeserklärung an die Bad Godesberger Kammerspiele, die Hauptspielstätte des Schauspiels. Die Kammer soll fortan „Schauspielhaus“ heißen. Man darf gespannt sein, ob die einflussreichen Freunde der Kammerspiele den Weg der Umbenennung mitgehen.

Groß, der an zwölf Theatern Berufserfahrungen gesammelt hat und seit drei Jahren in Bonn arbeitet, will die „Marke Theater Bonn sichtbarer machen“, relevant und spannend. Programmatisch sprach er davon, mit theatralen Formen darüber zu reflektieren, „wie wir in Zukunft gemeinsam friedlich leben können“. Dabei gab sich der neue Chef, der neun Zugänge im Ensemble ankündigte, qualitätsbewusst: „Wir müssen deutlich besser werden.“ Dazu beitragen sollen der neue, in Bonn geborene Hausregisseur Simon Solberg sowie die vom Staatstheater Stuttgart an den Rhein wechselnde neue Chefdramaturgin Carmen Wolfram.

Theaterfest in Bad Godesberg

Eröffnet wird die neue Saison mit dem traditionellen Theaterfest am 9. September – diesmal nicht vor der Oper, sondern vor dem Schauspielhaus in Bad Godesberg. Idealerweise werde der Spätsommerabend mit einem Open-Air-Konzert des Beethoven Orchesters und Mitgliedern des Opernensembles enden, wünschte sich Groß. Geselliger soll es nach seinen Vorstellungen künftig auch im Foyer zugehen, dafür sind kleine Umbauten geplant.

Mit der Aufführung von Voltaires satirischer Novelle „Candide oder Der Optimismus“ debütiert Solberg am 14. September in seiner Rolle als Hausregisseur. „Ich weiß, dass er polarisiert“, ordnete Groß den Theatermacher ein. Dasselbe ließe sich auch von der Vorgängerin Solbergs, Alice Buddeberg, sagen. Wollen wir hoffen, dass ihm mehr Erfolg beschieden ist.

Die Stückauswahl überzeugt. Auf „Candide“ folgt „Die Orestie“ von Aischylos. Jean Genet ist mit seinen „Zofen“ vertreten, Samuel Beckett mit seinem „Godot“. Molières „Menschenfeind“ wird sich auf der Bühne ausleben, mit Eugene O'Neills Familienzerfallsdrama „Eines langen Tages Reise in die Nacht“ lässt sich großes Schauspieler-Theater zaubern.

Jens Groß selbst wird „Frau Müller muss weg“ von Lutz Hübner und Sarah Nemitz inszenieren: Unterhaltung ist für ihn „ein wichtiges Faktum“. Die Nähe zum jungen Publikum auch. Das will er einfangen mit einer originellen Aneignung von Shakespeares „Sommernachtstraum“. Die Komödie für Kinder, Jugendliche und Familien wird Corinna von Rad inszenieren. Ein Recherche-Thriller zum Thema Pressefreiheit steht überdies im März 2019 an und zum Schluss der Spielzeit ein neues Projekt von „Bonnopoly“-Macher Volker Lösch. Das Thema ist noch nicht bekannt. Eines ist sicher: Bonn steht im Zentrum.

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