Bach pur Perfekte Balance

Bonn · Berührendes Adventskonzert des Philharmonischen Chors in St. Marien.

 Denkmal für Bach in Eisenach.

Denkmal für Bach in Eisenach.

Foto: dpa

Bach pur bot der Philharmonische Chor in seinem Adventskonzert in St. Marien (Nordstadt). Am Anfang stand Johann Sebastian Bachs Kantate "Nun komm der Heiden Heiland" BWV 62. Sie bietet, im Unterschied zum zehn Jahre zuvor entstandenen, gleich betitelten Schwesterwerk (BWV 61), mehr Luther.

Der unbekannte Textautor hält sich hier nämlich vollständig, wenn auch mit mancherlei freier Umdichtung, an Luthers Liedtext. Im prächtigen Eingangschor stellt Bach, der diese Kantate am 1. Advent des Jahres 1724 aufführte, das Warten auf den Gottessohn sehr geschickt dar: als spannungsvolles Warten auf die Choralmelodie.

Kleine motivische Häppchen, gewonnen aus dem Beginn der Choralmelodie, werden zunächst im Orchester, dann in den Chorstimmen serviert, bevor im Sopran das eigentliche Lied "hervorbricht", um es adventlich zu sagen.

Das Orchester "Concerto con anima" und der stark besetzte Chor musizierten in der Tat "con anima", dank einer animierenden und klugen Leitung durch Paul Krämer am Pult. Alles klang klar und belebt, gleichzeitig erhielt die Musik eine fabelhafte Geschlossenheit. Auf diesem Niveau ging es weiter, nicht zuletzt dank der vier ausgezeichneten Solisten.

Die konnten sich auch in der Kantate "Herz und Mund und Tat und Leben", BWV 147, wirkungsvoll in Szene setzen. Tenor Joachim Streckfuß etwa, der seine Rezitative mit wunderbarer Natürlichkeit sang, während Bassbariton Matthias Hoffmann eine sehr viel dramatischere Grundhaltung offenbarte.

Wenn er etwa die Worte "Verstockung kann Gewaltige verblenden" singt, dann klingt das wirklich wie eine Mahnung. Große Gesangskunst bot auch Ruth Volpert.

Mit ihrem in allen Lagen beherrschten, frei fließenden Mezzosopran konnte sie tief berühren, etwa in der Arie "Schäme dich, o Seele, nicht". Marie Heeschen schließlich veredelte ihre Arien mit einem nuancierten, hellen Sopran, der noch die subtilsten Regungen nachzeichnen kann.

Erwähnt sei hier nur die Arie "Bereite dir, Jesu, noch itzo die Bahn", in der zudem Konzertmeisterin Ingeborg Scheerer ihr solistisches Können unter Beweis stellte. Bekannt ist aus dieser Kantate vor allem der Choralsatz "Jesus bleibet meine Freude", der federnd und leicht in der Instrumentalbegleitung und ausdrucksvoll im Chor gesungen wurde.

Überhaupt fand Krämer eine sehr überzeugende Balance zwischen Wortausdruck und fließender Gesangslinie, vor allem in den Chorälen. Exzellent gelang der Eröffnungschor, der ganz locker, aber auf den Punkt gesungen wurde, "ohne Furcht und Heuchelei" sozusagen.

Packend auch der Eröffnungschor des abschließenden "Magnificats" BWV 243, eine festlich glänzende Musik, die mit drei Trompeten und Pauken Weihnachtsoratorium-Feeling ganz ohne Weihnachtsoratorium bot. Erwähnt sei noch das Terzett für drei Frauenstimmen, das eine kleine Besetzung des Philharmonischen Chores überaus eindringlich und intensiv darbot.

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