Beethovenfest 2017 Nike Wagners Motto: "Ferne Geliebte"

Bonn · Pultstar Valery Gergiev und das Mariinsky Orchester eröffnen das Beethovenfest 2017, das unter dem Motto „Ferne Geliebte“ steht. Zum ersten Mal ist das WCCB Hauptspielstätte des Festivals.

Dem World Conference Center Bonn (WCCB) als Übergangsspielstätte während der Sanierung der Beethovenhalle begegnet Nike Wagner mit großem Wohlwollen. „Es mag bitter sein für die Freunde des neuen Festspielhauses“, sagte die Intendantin des Beethovenfestes am Freitag im Raum Nairobi des WCCB, „aber das WCCB ist jetzt vorübergehend unser neues Festspielhaus.“ Mit dem 8. September beginnt für das auf drei Wochen verkürzte Beethovenfest das WCCB-Intermezzo. Insgesamt stehen 54 Veranstaltungen an 22 Spielstätten in Bonn und Umgebung auf dem Programm.

Das Eröffnungskonzert wird vom Mariinsky Orchester unter der Leitung von Valery Gergiev gestaltet, zur Aufführung kommen Richard Wagners „Lohengrin“-Vorspiel, Nikolai Rimski-Korsakows „Scheherazade“ sowie Ludwig van Beethovens vierte Sinfonie. Bereits in diesem Programm sollen sich laut Wagner die Themen „Nähe“ und „Ferne“ widerspiegeln, die das Motto Festivals bestimmen. Das nämlich lautet „Ferne Geliebte“ und kreist um Beethovens Liederzyklus „An die ferne Geliebte“. Dass die „Beethoven-Woche“ der Beethoven-Haus-Vorsitzenden Tabea Zimmermann bereits zu Beginn des Jahres 2016 diesen Liederzyklus ins Zentrum rückte, ist laut Wagner eher dem Zufall geschuldet. „Ich hatte das Motto bereits 2013/14 festgelegt“, erklärte sie. Allerdings ist das für sie auch kein Problem. „Es ist ja weitreichend genug gewählt.“

Beethovens Liederkreis kommt gleich in vielfacher Gestalt zu Gehör. Eine echte Rarität ist die Fassung für Singstimme und Orchester von Felix Weingartner, die bei Nike Wagners Eröffnungsmatinee in der Uni-Aula erklingen wird. Das Beethoven Orchester spielt unter der Leitung seines neuen Chefs Dirk Kaftan, Solist ist Thomas E. Bauer. Der Zyklus wird im Verlauf des Festivals auch in der Originalgestalt für Singstimme und Klavier mit dem Bariton Matthias Goerne erklingen, und auch die Fassung ohne Worte aus der Feder von Franz Liszt kommt zur Aufführung. Auch die Sängerinnen Christiane Karg und Mojca Erdmann huldigen der Liedkunst.

Herzstück des Programms sind die Sinfonien und die Kammermusik Beethovens. In den neun Orchesterkonzerten erklingen insgesamt vier der neun Sinfonien – wobei angesichts des lyrischen Mottos die heroischen Werke ausgeklammert werden – sowie zwei Klavierkonzerte und das Tripelkonzert. Unter den Klangkörpern sind das Gustav Mahler Jugendorchester, das BBC Symphony Orchestra und die Bamberger Symphoniker, die das Abschlusskonzert gestalten.

Dem Originalklang ist ein eigener Schwerpunkt gewidmet. Ein Höhepunkt dürfte der Auftritt des Beethoven-Biografen Jan Caeyers sein, der in seiner Eigenschaft als Dirigent seines Ensembles „Le Concert Olympique“ nach Bonn kommt und eine musikalische „Akademie“ ausschließlich mit Werken von Beethoven rekonstruiert. „Der Abend wird bestimmt dreieinhalb bis vier Stunden lang werden“, versprach Nike Wagner.

In gewisser Weise ist der Liederzyklus auch das Tor zu Beethovens Spätwerk. Dieser Umstand findet Niederschlag in einem Wochenende, an dem verschiedene Streichquartettensembles Beethovens späten Kompositionen für diese Besetzung Werken der frühen Moderne und ganz frischen Kompositionen gegenüberstellen.

Natürlich wird da auch die „Große Fuge“ op. 133 zu hören sein, die beim Festival-Schwerpunkt Tanz dann noch einmal prominent vertreten sein wird. Lucinda Childs, Maguy Marin und Anne Teresa de Keersmaeker haben für das in Bonn gastierende Ballet de l‘Opéra de Lyon jeweils eine Choreografie über das Werk erarbeitet.

Der Kompositionsauftrag für Nike Wagners Beethoven-Serie ging an den russischen Komponisten Vladimir Tarnopolsky, der sich in seinem Werk auf Beethovens Klavierkonzert Nr. 4 bezieht. Aufgeführt wird es durch das hr-Sinfonieorchester aus Frankfurt unter Leitung von Andrés Orozco-Estrada, Khatia Buniatishvili ist die Solistin im Beethoven-Konzert. Der Abend wird auch im Zuge des großen zweitägigen Open-Air-Festes auf den Marktplatz übertragen.

Bonns Künstler sind diesmal besonders stark vertreten. Das Beethoven Orchester hat drei Auftritte, Cocoondance, das Theater Marabu, der Pianist Fabian Müller und der Kammerchores der Kreuzkirche „Vox bona“ sind ebenfalls dabei. Letzterer singt allerdings in Siegburg. Die Kreuzkirche selbst rückt dennoch stark in den Fokus: Sie soll laut Wagner zu einer zentralen Spielstätte in der Innenstadt ausgebaut werden. Hier wird unter anderem der Pianist Igor Levit an drei Abenden spielen, sowohl solo wie mit Partnern.

Inhaltlich modifiziert wird das Schülermanager-Projekt, das Teil des unter dem neuen Namen „Ludwig + Du“ firmierenden Education-Projektes ist. Das Augenmerk soll laut Wagner mehr auf die Kunst als auf das Management gelegt werden. In diesem Jahr organisieren sie ein Konzert mit dem Pianisten Francesco Tristano.

Der allgemeine Vorverkauf beginnt deutlich früher als in den Jahren zuvor. Start ist am kommenden Montag, teilte der Kaufmännische Geschäftsführer des Festivals, Dettloff Schwerdtfeger. mit. „Wir gehen davon aus, dass wir eine viel bessere Auslastung haben werden als im Vorjahr“, sagte er. Das Beethovenfest verfügt über ein Budget von 4,5 Millionen Euro. Um die Mehrkosten durch die Ausweichspielstätte auszugleichen, erhöht die Stadt den jährlichen Zuschuss vorübergehend von 1,6 Millionen Euro um 400 000 auf nun nun zwei Millionen Euro, wie Kulturdezernent Martin Schumacher erläuterte.

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