Kulturdezernent Martin Schumacher eröffnet die Reihe der Runden Tische

bonn · Gute Atmosphäre, engagierte Gespräche und der Blick über den Tellerrand: Kulturdezernent Martin Schumacher ist zufrieden über die ersten beiden Runden Tische, mit denen er gestern in die heiße Phase seines Bonner Kulturkonzepts gestartet ist. Die Filmleute traten um 9.30 Uhr in der Bad Godesberger Kurfürstenstraße an, die Theaterleute folgten um 14 Uhr für eine erste Runde.

Die Experten-Tische, zehn an der Zahl, sollen in drei Wellen tagen. Rund hundert "Kulturakteure", wie Schumacher sie nennt, werden bis Mitte dieses Jahres insgesamt teilnehmen.

Ausdrücklich wurden keine Verbandsfunktionäre eingeladen. "Ich möchte mit Leuten sprechen, die später mit dem Konzept leben müssen", sagt der Dezernent. Der spielt übrigens eine besondere Rolle: Aus seinem Haus kommen die Leitlinien und ersten Impulse, außerdem ist Schumacher Teilnehmer - nicht Moderator -, und letztlich muss er das Ergebnis verantworten.

Die jeweiligen Runden Tische werden von dem gebürtigen Bonner Mario S. Mensing als externen Moderator (CIMA Beratungs- und Management-GmbH) begleitet. Mensing hat unter anderem durch seine ehemalige Verbandelung mit dem Verein Bonner Rockmusiker und der Rheinkultur einschlägige Erfahrungen gesammelt.

Den Tischen liegen verschiedene Papiere zur Diskussion vor. Da sind einmal die Leitlinien, "mein Kulturpolitisches Credo", wie Schumacher das in seiner früheren Wirkungsstätte Oldenburg konzipierte und für Bonn modifizierte Zwölf-Punkte-Papier nennt. Außerdem liegt den Gremien eine Aufstellung von Zielen für die "Kulturkonzeption der Stadt Bonn 2012-2022" vor.

Der Autor ist Schumacher, beteiligt waren Stephan Berg, Intendant des Kunstmuseums, sowie der Rektor der Bonner Universität, Jürgen Fohrmann. Als drittes Papier diskutieren die Tische eine Aufstellung der Kulturverwaltung über den Ist- und den Sollstand, über Brüche und Defizite.

Schumacher hält den immensen Aufwand von insgesamt 30 Runden Tischen und die Beteiligung von 100 Experten aus allen Bereichen der Kultur für gerechtfertigt. "Das Ganze ist ein Strategiefindungsprozess", sagt er, "ich wäre in vier Wochen mit einem Konzept fertig, wenn ich das selbst machen würde - aber das würde bestimmt in der Schublade verschwinden." Schumachers Ansatz sieht anders aus: Er will die Akteure beteiligen, kulturelle Potenziale entdecken, durch Einbeziehung der Kulturmenschen ein Maximum an Akzeptanz erreichen. "Ich habe für die meisten Handlungsfelder eigene Vorstellungen, aber nicht für alle", sagt er.

Am Ende des Prozesses soll im Dezember dieses Jahres ein Papier vorgestellt werden, das Kulturakteuren, der Verwaltung und der Kulturpolitik Orientierung bietet. Das Papier sei auch "für Politik und Verwaltung eine Grundlage für Entscheidungen über Ressourcen", wie Schumacher etwas umständlich formuliert.

Natürlich dient dieser Prozess nicht nur dazu, sich zu vergewissern, wie die Bonner Kultur aufgestellt ist, welches Potenzial sie hat und was sie bis 2022 bieten kann. Der Kämmerer wird sich das Schlusspapier ganz genau ansehen, um seine Einschnitte zu setzen. Und die Bonner Kulturszene wird bei Veröffentlichung der Ergebnisse nicht mehr Geld im Etat haben, sondern wahrscheinlich weniger.

Um Geld soll es in den Schumacher-Runden aber nicht gehen, sondern etwa um Strukturen. Gerade der gestern zusammengekommene Theater-Tisch, an dem neben Generalintendant Klaus Weise, Walter Ullrich (Kleines Theater), Moritz Seibert (Junges Theater) und viele andere teilnahmen, hat schwere Brocken zu bewältigen.

Beispiel Spielstätten des Theaters Bonn. Zu viele, zu wenig Dichte, zu hohe Kosten, bemängelt Schumacher, der sich verschiedene Alternativen vorstellen könnte: Theater-Konzentration in der Oper, integriert oder mit einem Anbau (erwartete Kosten: rund 40 Millionen Euro) ist ein Szenario, Stärkung der Kammerspiele durch eine höhere Spielfrequenz und die Bespielung der Halle Beuel durch die Freie Szene und experimentelle Formate ein anderes. Weise, da ist Schumacher überzeugt, wird seine Idee einer neuen Festivalkultur einbringen.

Und das Festspielhaus oder die Philharmonie, wie Schumacher das nennt? Da führt für den Dezernenten kein Weg vorbei: "Wir setzen auf den Neubau durch private Geldgeber."

Bürgerbeteiligung

Die Konzeption der Runden Tische sieht eine umfassende Information der Öffentlichkeit vor. Ab der zweiten Runde besteht die Möglichkeit, als Zuschauer und Zuhörer teilzunehmen. Ab sofort ist die Internetseite www.kulturkonzept-bonn.de mit Informationen freigeschaltet. Auf dieser Plattform kann die Bonner Bevölkerung von Mitte Mai bis Mitte Juni online aktiv mitdiskutieren.

Im Laufe der Runden Tische werden sich, so Kulturdezernent Martin Schumacher, Themen herauskristallisieren, die in der Öffentlichkeit besonders vertieft werden müssen. Zu dem Zweck können die Mitglieder einzelner Runder Tische Hearings anregen. Der GA wird die einzelnen Runden Tische gesondert vorstellen.

GA-Leser sind eingeladen, mit über die Schwerpunkte der Runden Tische zu diskutieren. Bitte schicken Sie uns Ihre Beiträge und Anregungen per E-Mail.

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