Lang Lang in Köln Szene mit Bach

Köln · Der chinesische Starpianist Lang Lang begeistert mit Klavierwerken von Tschaikowski, Bach und Chopin 2000 Fans in der ausverkauften Philharmonie.

 Blumen auf dem Flügel: Der Pianist Lang Lang in der Philharmonie.

Blumen auf dem Flügel: Der Pianist Lang Lang in der Philharmonie.

Foto: Thomas Brill

Der chinesische Pianist Lang Lang ist fraglos der zurzeit schillerndste Star am Pianisten-Universum. Seine Alben verkaufen sich wie geschnitten Brot, seine Konzerte sind wie das am Donnerstagabend in der Kölner Philharmonie, ausverkauft. Und dennoch ist er ganz und gar nicht jedermanns Liebling, sondern ein Musiker, der extrem polarisiert. Während das Publikum ihm mit Standing Ovations huldigt, stoßen seine Platten und Auftritte in den Feuilletons nur selten auf wirkliche Gegenliebe. „Brillant“ und „effektvoll“ sind Attribute, die sein Klavierspiel meist charakterisieren, „berührend“ ist hingegen eine Vokabel, die ungleich seltener auftaucht.

Das hat eine Ursache in der Attitüde Lang Langs, der gerne als Show-Man die Bühne betritt. Auch in Köln schritt er in passgenau geschneidertem Anzug aufs Podium, hob die Hand in Queen-Elisabeth-Stil huldvoll zum Gruß, bevor er sich ans Klavier setzte, um Peter Tschaikowskis Zyklus „Die Jahreszeiten“ zu zelebrieren. Aber ein gut geschnittener Anzug macht noch keinen schlechten Pianisten. In diesen poetischen Miniaturen zeigte Lang Lang, dass er mehr kann, als möglichst viele Tasten in möglichst kurzer Zeit herunterzudrücken. Die gesangliche Melodie im „Januar“ erhielt hier durch das perfekte Legato des Pianisten eine wirklich vokale Qualität. Im Thema der lyrischen Barkarole (Juni) nahm sich Lang Lang extrem zurück, ließ die Musik leise, wie von Ferne erklingen, ganz anders, als es etwa Mikhail Pletnev in seiner dynamisch sehr viel plastischer ausgearbeiteten Aufnahme macht. Allerdings ist Lang Langs traumverlorene Interpretation durchaus von hohem Reiz.

Die virtuoseren Stücke aus dem Zyklus gehen dem 1982 geborenen Musiker, der schon mit drei Jahren mit dem Klavierspiel begann, natürlich überaus leicht von der Hand. Der August (Erntezeit) wurde unter seinen Händen zu einem furiosen Virtuosenstück, das allerdings ein wenig zu pauschal anmutete. Hier vermisste man die klaren Umrisse, die ein Pletnev dem Stück verleiht, durchaus. Die September-Jagd aber war dann Freude pur; das ist etwas, das Lang Lang mit seinem Spiel immer wieder zu vermitteln versteht und was auch einen ganz großen Teil seines Erfolges ausmacht.

Dass er Johann Sebastian Bachs „Italienisches Konzert“ nicht im nüchternen Cembalo-Stil spielen würde, war zu erwarten. Allerdings ist Lang Lang in Bezug auf Bach auch kein Romantiker. Die schnellen Ecksätze spielte er nicht in Rekordtempo, aber sehr zügig und klar, das Andante gestaltete er zu einer hinreißenden Gesangsszene.

Das „Italienische Konzert“ war sozusagen das Bonbon für den Kölner Auftritt, der daneben aus den Stücken seiner jüngsten CD „The Paris Album“ bestand. Dort erklingen außer den „Jahreszeiten“ noch die vier Scherzi von Frédéric Chopin, die technisch wie musikalisch extrem anspruchsvoll sind. Die maschinengewehrhaften „Presto con fuoco“-Achtel der Nr. 1 in h-Moll sind ein gefundenes Fressen für Lang Langs Finger, der sie in der Philharmonie mit funkelnder Brillanz herausschleuderte. Auch die Doppeloktaven der Nr. 3 in cis-Moll stellen kein Problem für ihn dar. Doch neben dem Staunen über seine manuellen Fertigkeiten gefiel auch etwa der Mittelteil des Scherzos in b-Moll, wo aus einem auskomponierten musikalischen Stillstand heraus ein walzerartiger Teil die Musik zum Fließen und Tanzen bringt. Das gestaltete Lang Lang überaus sensibel. Dass er sich zwischen den Stücken nicht die Zeit nahm, den Applaus abzuwarten, war ein bisschen schade. Den Beifall spendete das begeisterte Publikum in der Philharmonie auch an diesem Abend wieder stehend. Dafür gab es zwei Zugaben: Das verträumte Intermezzo No. 2 von Manuel Ponce und das rhythmisch mitreißende, virtuose Volkslied-Arrangement „Y la negra bailaba“ von Ernesto Lecuona.

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