Böll-Abend im Landesmuseum Bonn Sibirien beginnt in Deutz

Ein Heinrich-Böll-Abend mit Sohn René Böll und Schauspieler Martin Reinke im LVR-Landesmuseum würdigt den Autor. Böll wurde im Dezember 1917 geboren.

 Heinrich Böll 1977.

Heinrich Böll 1977.

Foto: picture alliance / dpa

In „Undines gewaltiger Vater“ definierte Heinrich Böll 1957 sein eher düster geprägtes, ambivalentes Verhältnis zum Rhein. Er bekennt, diesen Fluss „immer gefürchtet und geliebt“ zu haben. Für ihn sei er „nie der Sommerrhein“, sondern der „Winterrhein“ gewesen, ein „dunkler Strom“, der „stille Rhein“ – mehr noch, der „Breughel-Rhein“. Im LVR-Landesmuseum trug Burgschauspieler Martin Reinke, der zudem festes Ensemblemitglied am Kölner Schauspiel ist, auch den „Undine“-Text Bölls mit bedächtig rauem Timbre und grüblerischer Ambiance vor. An einigen ausgewählten Stellen ließ er zum Amüsement des zahlreich aufmarschierten Bonner Bildungsbürgertums wohldosierten rheinischen Singsang anklingen.

2017 ist auch das Heinrich-Böll-Jubiläumsjahr, im Dezember würde er als einer der bedeutendsten deutschen Nachkriegsschriftsteller 100 Jahre alt. Im Rahmen der Ausstellung „Bilderstrom. Der Rhein und die Fotografie 2016 bis 1853“ hatten das LVR-Landesmuseum, die Heinrich-Böll-Stiftung und das Literaturhaus Bonn zu einem Erinnerungsabend eingeladen, der Bölls Beziehung und literarische Auseinandersetzung mit dem Rhein in den Fokus nahm.

Museumschefin Gabriele Uelsberg sprang in der Gesprächsrunde für die erkrankte Leiterin des Heinrich-Böll-Archivs, Gabriele Ewenz, ein. Jochen Schubert, Mitarbeiter der Heinrich-Böll-Stiftung, dozierte einleitend zu Bölls letztem Roman „Frauen vor Flusslandschaft“. Im Gespräch mit Bölls Sohn, dem Maler, Grafiker und Fotografen René Böll, offenbarte Schubert eine Vorliebe für unglaubliche Schachtelsätze sperrigster Konstruktion, vollgepfropft mit mäanderndem, wissenschaftlichem Duktus. Wie gut, dass René Böll erfreulich ungedrechselt und pointiert antwortete. „Mein Vater war ein Augenmensch, der sehr gut beobachten konnte und auch detailversessen war.“

Am Rheinufer von Bonn-Plittersdorf machte der Sohn 1983 für den Vater Fotos, um die Entstehung des letzten Romans atmosphärisch anzureichern. „Er war nicht gern auf dem, sondern lieber am Wasser“, erzählte René Böll. „Und in Köln-Deutz fing für ihn schon Sibirien an.“

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