Neuproduktion eines Musical-Klassikers Romeo und Julia in der Großstadt

Paris/Köln · Leonard Bernsteins unsterbliches Drama „West Side Story“ gastiert im Januar im Kölner Musical Dome. Joey McKneely führt das häufig inszenierte Werk wieder zurück zu seinen Ursprüngen.

 Gefährdetes Liebesglück: Tony (Kevin Hack) und Maria (Natalie Ballenger).

Gefährdetes Liebesglück: Tony (Kevin Hack) und Maria (Natalie Ballenger).

Foto: Susanne Brill

Ein leicht verwitterter, dreistöckiger Schriftzug in Blockbuchstaben, daneben die Stufen einer Feuertreppe, und dazu zwei Namen – Tony und Maria: Das allein genügt schon, um die Bilder der Upper West Side, des Immigrantenviertels New Yorks, vor Augen zu rufen, das provokante Fingerschnipsen sowie die ersten Takte von „Tonight“, „America“ und „I Feel Pretty“. Schließlich ist die von Leonard Bernstein (Musik), Stephen Sondheim (Gesangtext), Arthur Laurents (Buch) und Jerome Robbins (Idee und Choreographie) kreierte „West Side Story“, die am 26. September 1957 im New Yorker „Wintergarden Theatre“ uraufgeführt wurde, das amerikanischste Musical überhaupt.

1961 mit Natalie Wood und Richard Beymer in den Hauptrollen verfilmt und mit zehn Oscars prämiert, traten Romeo und Julia aus New York seither ihren Siegeszug durch die Opernhäuser und Theater weltweit an. Gut ein halbes Jahrhundert und zahllose Interpretationen später schien es an der Zeit, die Geschichte auf direktem Weg zu ihren Ursprüngen zurückzuführen. Nicht mehr und nicht weniger hat Joey McKneely getan, dessen Inszenierung nach 15 Monaten rund um den Globus – von Tokio, Hongkong und Bangkok über Dubai, Oman und Tel Aviv bis nach Dublin, Wien und Paris – vom 9. bis 14. Januar abschließend im Kölner Musical Dome gastiert. Wie also fasst man solch einen Klassiker an? „Die größte Herausforderung für uns bestand darin, dieses Musical in dieses Jahrtausend zu transportieren“, bringt es McKneely auf den Punkt. Ein paar Stunden vor dem im April 2017 eröffneten und 2700 Zuschauer fassenden Konzerthaus „La Seine Musicale“ am Rande von Paris hat der Regisseur, Choreograf und einstige Schüler von Jerome Robbins in Begleitung seiner beiden Hauptdarsteller, Kevin Hack und Natalie Ballenger, in einem Raum backstage Platz genommen, um die Fragen der aus Köln und Bonn angereisten Journalisten zu beantworten. „Zuvor war die West Side Story stets in der exakten Reproduktion der Broadway-Inszenierung von 1957 zu sehen. Was sich für uns wie ein Museumsstück angefühlt hat“, fügt McKneely halb im Scherz hinzu.

An Musik oder Text etwas ändern zu wollen, war für ihn keine Option: „Wie wollen Sie etwas verbessern, das perfekt ist?“ Entstauben? Das schon eher. Was schon daran zu sehen ist, dass diese West Side Story direkt auf der Originalvorlage fußt, nicht auf der stellenweise abgewandelten Handlung des Films.

Dem Zeitgeist des Jahres 2016 folgend hat das Tempo spürbar angezogen und kommt wie auch das gesamte Produktionsdesign ursprünglicher, schärfer und leidenschaftlicher daher. Ein reizvoller Kontrast zu den schwarz-weißen Filmprojektionen aus den 1950ern. Und nicht zuletzt in Verbindung mit erstklassigen tänzerischen und gesanglichen Leistungen, die das Pariser Publikum immer wieder zu spontanem Szenenappalaus hinreißen.

Die Inszenierung ist flexibel genug, sich der Kultur des Gastlandes anzupassen. „In Oman wurden die Röcke etwas länger, die Ausschnitte kleiner, und in Dublin fühlte es sich wie ein Rockkonzert an“, erzählt Kevin Hack, der ursprünglich Eishockey-Profi in der nordamerikanischen NHL hatte werden wollen und, nachdem daraus nichts wurde, „eine Weile auf der schiefen Bahn unterwegs“ gewesen sei. Der Tanz habe ihn schließlich wieder auf Kurs gebracht. Für seine Bühnenpartnerin Natalie Ballenger aus dem sonnigen Kalifornien ist die Maria eine ihrer ersten größeren Rollen.

Tony und Maria sind Hack und Ballenger nahezu in Fleisch und Blut übergegangen. Verletzungen so kurz vor Schluss dürfen sie nicht mehr und erst recht nicht riskieren. Der Abschied von der New Yorker West Side dürfte den beiden in der Tat nicht leicht fallen – aber zuvor richtet sich ihr Blick erst einmal nach Köln.

West Side Story, 9. bis 14. Januar 2018, Musical Dome Köln, Karten bei Bonnticket.

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