Ausstellung in Köln Paris ins beste Licht gesetzt

Köln · Das Kölner Wallraf-Richartz-Museum würdigt Jakob Ignaz Hittorffs Planungen für den Place de la Concorde. Wie der Baumeister zu einem der ersten modernen Stadtplaner wurde, zeigt die Schau „Paris erwacht!".

 Jakob Ignaz Hittorffs Endwürfe für die Place de la Concorde.

Jakob Ignaz Hittorffs Endwürfe für die Place de la Concorde.

Foto: Museum

Heinrich Heine fand den Obelisken deplatziert. Bloßer „Zierrat“ auf der Place de la Concorde, die „von der Vergangenheit abgeschnitten wurde mit frevelhaftem Beil“. Die Guillotine stand tatsächlich dort, als am 21. Januar 1793 König Ludwig XVI. hingerichtet wurde. Da war die einstige Place Royale zur Place de la Révolution mutiert.

Als der Kölner Architekt Jakob Ignaz Hittorff ab 1828 über diesen blutgetränkten Pariser Ort nachdenkt, sind die Bourbonen wieder an der Macht und wollen eine Märtyrersäule für Ludwig XVI. ins Zentrum des Platzes stellen. Hittorffs barock übermöblierter Entwurf blitzt bei der Jury ab, doch das Projekt erledigt sich ohnehin mit der Juli-Revolution von 1830.

Wie der Baumeister trotzdem zu einem der ersten modernen Stadtplaner wird, zeigt das Wallraf ab Donnerstag mit seiner faszinierenden Schau „Paris erwacht! – Hittorffs Erfindung der Place de la Concorde“. Ab 1832 nämlich hat der zuvor Ausgebootete den öffentlichen Auftrag, den Platz in einem großen Verschönerungsprojekt („l'embellissiment“) zu gestalten. Wobei das wichtigste Element beschlossene Sache ist: der aufwendig aus Ägypten importierte Obelisk von Luxor. Nachdem der Ägyptologe Jean-François Champollion die Hieroglyphen als phonetische Schrift entschlüsselt hat, schlägt das moderne Frankreich mit diesem Denkmal eine Brücke zur Wiege menschlicher Kultur – und verbannt die eigenen Gräuel vom Platz der Eintracht.

Doch welche Gedanken sich Hittorff allein über den mehr als acht Meter hohen Sockel macht, über die bewusst moderne Form, das Material (Granit aus den Steinbrüchen von Brest) und die erst später vorgenommene Verzierung. Sein Traum, die verwitterte Spitze des Obelisken mit einem Pyramidion aus Bronze zu schmücken und zu schützen, sollte sich erst 1998 erfüllen.

In Grundrissen oder perspektivisch raffinierten Federzeichnungen sind Hittorffs Überlegungen höchst ästhetisch nachvollziehbar: ein zentrales Wasserbassin um den Obelisken? Nein. Vier Brunnen, einen für jede Himmelsrichtung? Zu viel. Letztlich werden es zwei prachtvolle Fontänen, die den Obelisken in die Mitte nehmen.

Sodann entwirft er genauso skrupulös jene einst als Schifffahrtshilfe gefragten Rostralsäulen und die gusseisernen Kandelaber, die den Platz dank Gaslicht als ersten in Europa vollständig beleuchten. Paris wird zu einer „Ville Lumière“, und ähnliche Lampen illuminieren bald auch Amerikas Metropolen. Die Place de la Concorde bekommt Ikonencharakter.

Und dass die Wegführung auch den damals kaum zu ahnenden Verkehrsmassen standhält, zeigt Hittorffs visionären Blick. Dem Auto „huldigt“ das Museum übrigens mit Claude Lelouchs Raserfilm, den der französische Regisseur 1976 frühmorgens mit einem PS-starken, hydropneumatisch gefederten Mercedes aufnahm. Das Wallraf zeigt diese wilde Jagd über die Champs-Élysees, wobei manchmal das später drübergemischte Ferrari-Röhren ertönt. Ein effektvolles Entree zwischen dem im Maßstab 1:1 nachgebildetem Sockel und der Pyramidenspitze.

Doch die von Thomas Ketelsen, Michael Kiene und Volker Zander subtil gestaltete Schau zeigt in mehr als 100 Zeichnungen, Fotos und Plänen vor allem, dass Jakob Ignaz Hittorffs Ruhm zu Unrecht vor dem des Boulevard-Architekten Georges-Eugène Haussmann verblasst. Gelungene Wiedergutmachung für einen großen Kölner in Paris.

Eröffnung Donnerstag, 19 Uhr. Bis 9. Juli, tgl. außer Mo 10-18 Uhr, feiertags 10-18 Uhr, jeden 1. und 3. Do bis 22 Uhr. Katalog 12 Euro. www.wallraf.museum

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