Ermüdet von zu viel Feuer und Zorn? Michael Wolff liest aus Buch über Trump in Köln

Köln · Der amerikanische Autor Michael Wolff stellte in Köln sein Buch über Donald Trump vor. Der Abend hätte spannender sein können.

 Wagt es nicht, in die Zukunft seines Heimatlandes zu blicken: US-Autor Michael Wolff. FOTO: THOMAS BRILL

Wagt es nicht, in die Zukunft seines Heimatlandes zu blicken: US-Autor Michael Wolff. FOTO: THOMAS BRILL

Foto: Thomas Brill

Man möge Verständnis haben, bat Moderator Alf Mentzer das Publikum in der nicht ganz ausverkauften Mülheimer Stadthalle, Michael Wolff werde zwar noch signieren, aber nach 13 Lesungen und sicher 10 000 unterzeichneten Büchern nur noch seinen Namen ohne Widmungen schreiben. Denn fürwahr, der Autor des Trump-Buches „Feuer und Zorn“ hat eine Europa-Tour hinter sich, die japanische Touristen erblassen lässt, der Kölner Auftritt und Vorauftakt der Lit.Cologne bildete ihren Schlusspunkt.

Vielleicht lag es also daran, dass dieser Abend etwas unbefriedigend für alle die blieb, die sich schon mit Buch und Autor beschäftigt hatten. Denn im routiniert geführten Gespräch mit Mentzer ergaben sich keine neuen Aspekte, alles war schon mal zu hören oder zu lesen gewesen. Offensichtlichste Fragen blieben ungestellt.

So konnte man aber in der gestrigen Ausgabe der „Süddeutschen Zeitung“ lesen, dass Wolff nicht nur nicht Trump, sondern sogar gar nicht gewählt hat. Auch die neuesten Entwicklungen im Weißen Haus, etwa Schwiegersohn Jared Kushner oder Kommunikationsdirektorin Hope Hicks bestreffend, wurden nicht thematisiert.

Stattdessen wurde brav das seit Erscheinen der amerikanischen Ausgabe Anfang Januar bereits Bekannte abgearbeitet: So darf Wolff erzählen, wie er sich so lange im Weißen Haus aufhalten konnte, er beschreibt, wie er meist in der Lobby saß und für Trumps untereinander verfeindeten Beraterstab fast so etwas wie ein Beichtvater wurde. Wenn man ihn da so sitzen sieht, kann man sich das auch richtig gut vorstellen: ein distinguierter Herr, der sein Wartesofa zu einem Ruhepol für die Vorbeieilenden werden lässt. Die Tatsache, dass das Buch ja erst in einem Jahr erscheine, habe viele mehr ausplaudern lassen, als sie es gegenüber Journalisten einer Tageszeitung getan hätten.

Das Chaos, das um den unfreiwilligen und unvorbereiteten Präsident Trump herrscht, kann man sich nach der Lektüre des Buchs wunderbar vorstellen. Auch wenn man es immer noch nicht glauben kann, dass da jemand das mächtigste Amt der Welt ausübt und etwa kein Interesse daran hat, sich mit den nötigsten Informationen versorgen zu lassen. Trump lese nicht, sagt Wolff, könne vielleicht nicht richtig lesen – wolle aber auch niemandem zuhören, sei schnell gelangweilt.

Die von Seán McDonagh (Schauspiel Köln) vorgetragenen drei Passagen waren gut ausgewählt: verblüffende Innenansichten und Einschätzungen – die aber zumeist Wolff nicht selber vornimmt, sondern seine diversen Gesprächspartner, viele davon auch anonym zitiert. Aber gerade durch diesen Kunstgriff, immer wieder andere Stellung beziehen zu lassen, bleibt der Autor seltsam unangreifbar. Auch wenn natürlich seine Haltung klar ist, beantwortet er die Frage nach der Zukunft Trumps einmal mehr mit einem Zitat des ehemaligen Chefstrategen Stephen Bannon: Es werde eine Amtsenthebung, einen Rücktritt oder ein „sich bis zum Ende der Amtszeit Schleppen“ geben.

Auch in solchen Situationen wird Wolff von Moderator Alf Mentzer nicht einmal kritisch beäugt. Natürlich ist eine Lesung als Werbung für ein Buch gedacht, und der Autor soll glänzen. Aber mal ein sanfter verbaler Rippenstoß hätte sicher nicht geschadet.

Michael Wolff: Feuer und Zorn. Im Weißen Haus von Donald Trump. Rowohlt, 480 S., 19,95 Euro.

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