Agnes Obel im Kölner Gloria Konzert wie ein Blick in die Seele

Köln · Die dänische Sängerin Agnes Obel beeindruckt mit filigraner Liedkunst im Kölner Gloria-Theater

Als Agnes Obel mit ihren drei Begleitmusikerinnen Kristina Koropecki, Charlotte Danhier sowie Catherine Di Biasio, alle in weißen Sommerkleidern, auf die Bühne des restlos ausverkauften Gloria Theaters in Köln kommt, wähnt man sich zunächst in einen typisch romantischen Singer-Songwriter-Kosmos versetzt. Auch wenn die ätherisch klare Stimme der gebürtigen Kopenhagenerin, die allerdings bereits seit einigen Jahren in Berlin lebt, an Joni Mitchell, Kate Bush oder Tori Amos denken lässt, so will sie jedoch nicht dem Folk-Klischee folgen, sondern wagt sich mit ihrem jüngsten Album „Citizen of Glass“ mutig in neue Gefilde eher kammermusikalisch konzipierter Musik vor.

Ihr „gläserner Bürger“ mag politisch interpretierbar sein, aber primär geht es ihr um den Menschen im Allgemeinen, seine Freiheit, seine Gefühlswelt, und um den Künstler im Besonderen, dessen Wunsch sich zu offenbaren, der aber zugleich auch mit Ängsten behaftet ist. Mitgefühl äußert sie, als sie ihre Hoffnung ausdrückt, dass die stehenden und andächtig zuhörenden rund 900 Fans keine „müden Füße“ bekommen.

Auch jeden Fall wird den Ohren eine Musik präsentiert, die trotz ihrer meditativen Ruhe zum Wachbleiben animiert, wobei Wachbleiben auch zwingend notwendig ist, um alle klanglichen Nuancen mitzubekommen. Obel und ihre drei Mitspielerinnen weben ein filigranes und kunstvoll austariertes Klanggeflecht aus neuen und alten Elektrosounds, beispielsweise durch den Einsatz eines Mellotrons, einer sparsamen, jedoch sehr durchdringenden Perkussion, dem erdigen Klang bisweilen zweier Celli sowie Obels von Claude Debussy und Erik Satie beeinflussten Pianospiel. Das Instrumentalstück „Red Virgin Soil“ klingt wie eine obskure Mischung aus Maurice Ravels „Bolero“ und Lou Reeds „Street Hassle“, wobei sie auf jegliche Dynamik verzichtet.

Ihre melancholische Stimme mit sinnlicher Intonation will nicht vordergründig verführen, sie klingt so klar, weil sie einen möglichst unverfälschten Blick in ihre Seele ermöglichten soll.

Dabei wird ihre Stimme aber auch gelegentlich übermütig, etwa wenn bei „Golden Green“ ihr wenn auch dezentes Jauchzen an die bulgarischen Frauen-Chöre erinnert. Neben nahezu fast allen Songs aus „Citizen of Glass“ gibt es auch ein bejubeltes Wiederhören unter anderem mit „Dorian“, „Fuel to Fire“ oder „The Curse“ vom Vorgänger-Album „Avantine“.

Bei den Zugaben lässt sie die Fans „Riverside“ und „On Powdered Ground“ bejubeln. Viel Beifall für ein grandioses Konzert einer grandiosen Obel-Band, denn die Mitspielerinnen haben wesentlichen Anteil an der Umsetzung dieser ruhigen, doch ungemein nachhaltigen Musik.

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